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Zwischen Anpassung und Widerstand

Voller Hörsaal zum Auftakt der Ringvorlesung zur Apokalypse – Neutestamentler Bernhard Heininger erläutert den religionsgeschichtlichen Hintergrund der Johannesoffenbarung

Würzburg (POW) Mit einer theologischen Einführung in die Johannesapokalypse ist die öffentliche Ringvorlesung der Universität zum Thema „Endspiele. Apokalypse in der Bibel und in den Künsten“ gestartet. Vor vollbesetztem Auditorium im Hörsaal 318 der Neuen Universität am Sanderring erläuterte Professor Dr. Bernhard Heininger vom Lehrstuhl für Neues Testament an der Universität Würzburg den zeitgeschichtlichen Kontext des Textes und arbeitete aktuelle Bezüge zur Gegenwart heraus. Drei weitere Vorträge der Reihe widmen sich der Wirkungsgeschichte des biblischen Buches in Musik, Literatur und darstellender Kunst.

„Was die Johannesoffenbarung widerspiegelt, sind zwei unterschiedliche Konzepte oder Strategien im Umgang mit staatlicher und zugleich religiös verbrämter Macht“, lautete Heiningers These in seinem Vortrag zum Thema „Zwischen Anpassung und Widerstand. Die Johannesapokalypse und der römische Kaiserkult“. Der Neutestamentler erläuterte sie am Beispiel des Kaiserkults, einem der zentralen politisch-religiösen Elemente des Römischen Reichs. Die Verehrung des Kaisers als „Sohn Gottes“ oder „Herr und Gott“ und die damit verbundenen Ansprüche und gesellschaftlichen Konventionen hätten die frühen Christen vor weitreichende Fragen und konkrete Probleme gestellt. Wie sollte man sich gegenüber dieser alle Bereiche des Lebens prägenden Macht verhalten, die nicht nur Religion, sondern auch Wirtschaft und persönlichen Alltag bestimmte? Sich anpassen oder Widerstand leisten?

Die heftige Polemik der Johannesoffenbarung gegen diejenigen Christen, die sich mit der Weltmacht Rom und ihren Institutionen und Kulten arrangieren wollten, zeige die Ablehnung, die der Verfasser des letzten Buches des Neuen Testaments einem solchen Verhalten entgegenbringe. Er plädiere stattdessen für einen Kurs der Abgrenzung und des Widerstands. Die Ursache für diese kompromisslose Haltung könne man nur vermuten, sagte Heininger. Hinweise im Text, unter anderem im elften Kapitel des Buches, könnten allerdings so interpretiert werden, dass der Apokalyptiker Johannes eventuell eigene negative Erfahrungen verarbeite, die er als jüdischer Wanderprediger in Palästina im Zusammenhang mit der brutalen Niederwerfung des jüdischen Aufstandes durch die römische Besatzungsmacht gemacht habe. Mit solchen traumatischen Erfahrungen im Gepäck sei er nach Patmos gekommen und habe sehen müssen, wie sich die dortigen Christen weitaus kompromissbereiter gegenüber der römischen Staatsmacht verhielten. Dieser persönliche Hintergrund könnte möglicherweise auch die etliche Kapitel umfassenden düsteren Visionen und apokalyptischen Horrorbilder des Buches besser verstehen helfen, erklärte der Bibelwissenschaftler.

Zugleich gab Heininger jedoch zu bedenken, dass die Johannesoffenbarung nicht die einzige Stimme des frühen Christentums zum Umgang mit staatlicher Macht sei. Er wies darauf hin, „dass diese faszinierende und mit ihrer bombastischen Bilderwelt einen manchmal förmlich erschlagende Schrift immer dann ihre Renaissance erlebte, wenn sich Staaten totalitär gebärdeten“. Das sei beispielsweise in Zeiten des Nationalsozialismus ebenso der Fall gewesen wie in den Zeiten der Apartheid, erläuterte Heininger. Erklären ließe sich das am ehesten damit, dass apokalyptische Literatur „Krisenliteratur“ sei. Einer ihrer Zwecke sei es, am eigenen Leib erfahrene Ohnmacht und Hilflosigkeit zu verarbeiten.

An den Vortrag schloss sich eine intensive Diskussion an, in der der Würzburger Ordinarius für Neues Testament weitere Aspekte des Themas erläuterte. Auch Bezüge zur Gegenwart und zum Jahresprojekt „Endspiel. Würzburger Apokalypse 2010“, in dessen Rahmen die Ringvorlesung angeboten wird, wurden eifrig diskutiert.

Die Vorlesungsreihe wird am Mittwoch, 20. Oktober, um 19.30 Uhr fortgesetzt. Dann referiert der Würzburger Musikwissenschaftler Professor Dr. Ulrich Konrad im Toscanasaal der Residenz zum Thema „Apocalypsis cum figuris musices. Musikalische Annäherungen an die Offenbarung des Johannes“.

(4110/1281; E-Mail voraus)

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