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„Wir brauchen einen lebendigen Glauben“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Chrisammesse am Oasentag der Priester und Diakone am Montag, 18. April 2011, im Kiliansdom in Würzburg

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitbrüder,

zu den mich besonders ergreifenden Stellen der Heiligen Schrift gehört das heutige Evangelium, das uns Lukas überliefert hat: Jesus ging in seiner Heimatstadt Nazareth – wie gewohnt – am Sabbat in die Synagoge und las aus der Schrift vor. Man reichte ihm das Buch des Propheten Jesaja, und er schlug die Stelle auf: Der Geist des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. (Lk 4, 18) Er bezog diese Stelle – wie wir am Schluss des Evangeliums hören – auf sich, indem er sagte: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.

Dürfen wir das nicht auch sagen: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt? Sind wir nicht alle vom Herrn Gesalbte? In der Taufe und Firmung? Und die Priester in der Priesterweihe? Ist ein solches Denken vermessen?

Offensichtlich argwöhnten die Menschen bei Jesus seine Weisheit und Kraft, Wunder zu tun. Matthäus berichtet, dass die Menschen seiner Heimatstadt, vielleicht sogar noch Nachbarn und Weggefährten, fragten: Ist das nicht der Sohn des Zimmermann? Heißt nicht seine Mutter Maria und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? Leben nicht alle seine Schwestern unter uns? Woher also hat er das alles? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab. (Mt 13,54-57) Trotz des Staunens über seine großen Taten, seine Auslegung der Heiligen Schrift und seine Wunder, von denen sie viel gehört hatten, lehnten sie ihn ab, weil sie das Geheimnis seiner Gottessohnschaft nicht erkannten.

Wie ist das bei uns? Sind wir uns unserer Gotteskindschaft bewusst? Wir haben leibliche Eltern, aber sind wir nicht durch Taufe und Firmung Kinder Gottes geworden? Wohnt nicht auch der Heilige Geist in uns, der uns zu Taten befähigt, die weit über unser Vermögen hinausreichen? Können unsere Mitmenschen dieses Verwurzeltsein in Gott auch durch unsere Lebensführung und unser Wirken erfahren?

Jesus zitierte den Propheten Jesaja und damit die Aufgabe, die ihm aufgetragen war: Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.

Im Verlauf des weiteren Lukasevangeliums ist nun in der Beschreibung der Heilungen, Besessenenbefreiungen, Jüngerberufungen und Predigten Jesu die Erfüllung dieses Jesajatextes zu sehen.

Als Johannes im Gefängnis war und seine Jünger zu Jesus schickte mit der Frage: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten? antwortete Jesus ihnen: Geht und berichtet dem Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. (Mt 11,3-6)

Die Worte und Taten zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu sprechen für sich. Sie erweisen ihn als die Erfüllung der Jesajas-Prophetie. Sie sind auf das Wirken des Geistes Gottes zurückzuführen und nicht auf das Können und Vermögen des Menschen. Da derselbe Heilige Geist (nach der Apostelgeschichte) auch die Christen insgesamt erfüllt, bekommen die im Evangelium geschilderten Handlungen Jesu auch ‚Modellcharakter’ für uns. (Vgl. Kommentar in: Die Jerusalemer Bibel zu Lk 4,18f). Natürlich bleibt dabei die einzigartige Machtfülle Jesu voll gewahrt. Aber wir Christen sollen als ‚Gesalbte’ (vgl. 2 Kor 1,21-22; Joh 2,20.27) daran Maß nehmen und durch Wort und Tat Zeugenschaft für die Frohe Botschaft ablegen.

In Pfarrer Georg Häfner haben wir einen Glaubenszeugen, der auch uns heute ermutigen kann, beherzt und voller Vertrauen in Gottes Mitten-unter-uns-sein unseren Weg weiter zu gehen. Sein Primizspruch lautete: Mache meinen Wandel standhaft auf deinen Wegen, o Herr, das meine Tritte nicht wanken (Psalm 17,5). Mit der Hilfe Gottes löste er dies während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten bis zu seinem Tode am 20. August 1942 im KZ Dachau ein. Er war, wie Pater Sales Hess OSB aus der Abtei Münsterschwarzach aus dem Nachruf auf Pfarrer Georg Häfner berichtete Sacerdos et hostia – Priester und Opferlamm. Auch wir brauchen heute durch das Wirken des Heiligen Geistes Standfestigkeit, einen lebendigen Glauben und eine tiefe Christusbeziehung, damit unser Zeugnis über uns hinausweist.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Glaubenszeugnis, Ihre Treue und unermüdlichen Einsatz – und auch Ihre Leidensfähigkeit. Lassen wir uns vom Herrn her stärken, der uns über uns selbst hinauswachsen lässt.

Amen.