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Was Heil konkret bedeutet

Dritter Vortragsabend der Ringvorlesung der Würzburger Theologie – Religionspädagogik und Dogmatik im Dialog

Würzburg (POW) Das jüngste und das älteste Fachgebiet der Theologie standen beim dritten Abend der Ringvorlesung „Was treibt die Theologie?“ der Katholisch-Theologischen Fakultät im Zentrum. Der Religionspädagoge Hans-Georg Ziebertz und der Dogmatiker Jürgen Bründl stellten Grundansatz und aktuelle Themen ihres Faches vor. Unter jeweils unterschiedlicher Perspektive gingen beide der Frage nach, welche Bedeutung die Welt von heute und ihre Herausforderungen für eine zeitgemäße Theologie spielen sollten.

„Theologie ist vor allem auf das Hier und Jetzt bezogen.“ Mit diesem Eingangsstatement verdeutlichte Ziebertz, seit 1998 Professor für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts in Würzburg, in seinem Vortrag „Praktische Theologie als empirische Wissenschaft“ die Notwendigkeit und Aufgabe der Praktischen Theologie, sich mit der religiösen Praxis zu beschäftigen, sie zu „verstehen und erklären und ihr eine Stimme geben“. Damit eine so orientierte Praktische Theologe nicht in bloßer Religionssoziologie oder Sozialwissenschaft aufgeht, plädierte Ziebertz für einen intradisziplinären Theorieansatz des Faches: Empirische Daten einfachhin von anderen Disziplinen erheben zu lassen und sich erst anschließend um ihre theologische Interpretation zu kümmern, reiche nicht aus. Vielmehr müssten empirische Methoden und Techniken in die Theologie und in eine praktisch-theologische Hermeneutik integriert werden, um so eigenständige Theorien zur religiösen Handlungspraxis zu entwickeln, forderte Ziebertz. Auf diese Weise erhöhe die Praktische Theologie zugleich ihre Kooperationsfähigkeit mit anderen Wissenschaftsbereichen: „Intra-Disziplinarität kann die Basis schaffen, dass Inter-Disziplinarität möglich wird.“

Die bisweilen aufgeworfene Frage, ob empirische Forschung tatsächlich eine eigenständige Form des Theologie-Treibens sein könne, beantwortete Ziebertz mit einer Gegenfrage: Wieso sollte eine derart hermeneutisch integrierte empirische Forschung kein eigenständiger Beitrag zur Theologie sein? „Sie eröffnet einen Zugang zur religiösen Dimension der Wirklichkeit, den die biblische, historische und systematische Theologie in dieser Form nicht bieten können. Die Praktische Theologie, die sich empirischer Methoden bedient, erinnert daran, dass die Wirklichkeit von Kirche und Christentum eine Praxis war und idealerweise eine Praxis ist – und dass dieser Praxis eine eigene theologische Dignität zukommt.“

Der Frage nach Ort und Kontexten Systematischer Theologie ging anschließend Jürgen Bründl, Privatdozent und Akademischer Oberrat für Dogmatik an der Universität Würzburg, in seinem Vortrag „Wo(hin) weltliche Not und Gottes Menschlichkeit Theologie stellen – Dogmatik als Arbeit am Begriff eines prekären Glaubens“ nach. Seine These, dass der Außenbezug auf konkrete Orte und Problemlagen der Welt für die Theologie verbindliche Bedeutung besitzen müsse, erläuterte Bründl an einem Vergleich lehramtlicher Vorgaben über Bedeutung und Aufgabe der Dogmatik mit anderen systematischen Ansätzen, insbesondere dem des 2007 von der römischen Glaubenskongregation mit einer Lehrverurteilung belegten Befreiungstheologen und Jesuiten Jon Sobrino. Wenn die Kirche ihre Aufgabe erfüllen wolle, die Heilsbedeutung des Evangeliums den Menschen nahe zu bringen, müsse sie sich vor Ort, an den Schauplatz des Geschehens begeben und sich den Nöten der Welt stellen. Gesprächspartner in einem solchen Dialog mit der Welt seien dabei auch und oft: gerade die Opfer der Welt. „Sie wissen, was Sache ist, haben oft genug am eigenen Leib erfahren, wie es zugeht in der Welt. Deshalb, und weil die Opfer als erste mundtot gemacht zu werden pflegen, verdient ihre Sicht der Dinge privilegierte Aufmerksamkeit“, sagte Bründl.

Eine solche „Option für die Opfer“, mit der die Befreiungstheologie das pastorale Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils systematisch und praktisch umgesetzt habe, beantworte die Frage nach dem Ort der Theologie eindeutig. Theologie müsse sich den Problemen ihrer Zeit stellen und das „Wissen der Betroffenen aus erster Hand“ ernst nehmen. „Sich in die Welt stellen aber bedeutet, sich an die Seite der Armen zu stellen, sich von den Armen sagen zu lassen, was Heil konkret bedeutet, nämlich die Befreiung von den Mächten der Unterdrückung in einer bestimmten Situation“, erklärte der Dogmatiker. Wer sich zu dem christologischen Grundsatz bekenne, dass Gott um des Menschen willen Mensch wurde und dazu die „unglaubliche Partikularität und Einseitigkeit eines vor 2000 Jahren gestorbenen Juden einging“, behaupte damit nicht weniger, als dass die Lehre von der „Menschwerdung, Konkretisierung, Vergeschichtlichung Gottes das universale Strukturprinzip der Dogmatik, ja aller theologischen Glaubensreflexion“ sein müsse.

Den beiden Vorträgen schloss sich eine rege Diskussion an, an der sich neben den Referenten auch zahlreiche Zuhörer beteiligten. Der vierte und letzte Abend der Vorlesungsreihe, die in Kooperation mit der Katholischen Akademie Domschule angeboten wird, findet am Mittwoch, 16. Juni, um 19.15 Uhr im Hörsaal 318 der Universität am Sanderring statt. Dann stellen der Moraltheologe Stephan Ernst und der Liturgiewissenschaftler Martin Stuflesser ihre Fächer vor und bringen sie miteinander ins Gespräch.

(2410/0777; E-Mail voraus)

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