Würzburg (POW) Mit einer Wort-Gottes-Feier unter Leitung von Augustinerpater Dominik Wernicke haben am Freitag, 12. November, im Kreuzgang des Würzburger Augustinerklosters Mitarbeiter, Klienten und Gäste aus Politik und Kirche das 20-jährige Bestehen der unterfrankenweit einzigen Aids-Wohngruppe gefeiert. Michael Koch, Leiter der Aids-Beratungsstelle Unterfranken der Caritas, eröffnete die Feier mit einem großen Dank an die damaligen Verantwortlichen des Diözesan-Caritasverbandes, der Diözese Würzburg, der Regierung von Unterfranken und der Stadt Würzburg. Die Gründung der Wohngruppe durch den Caritasverband in einem eigens angekauften Zweifamilienhaus 1989 sei „ein zukunftsweisender und mutiger Schritt“ gewesen. „Sie konnten nicht wissen, wie die Öffentlichkeit auf diesen Schritt reagiert“, sagte er im Hinblick auf viele der damals existierenden Vorhaltungen und Vorurteile.
Die geballte Not der Betroffenen und ihrer Betreuer aus den Anfangsjahren, das vielfältige Sterben – das sei Gott sei Dank nicht so geblieben, sagte Koch. Dank besserer Behandlungsmöglichkeiten und damit Überlebenschancen und den Abbau vieler Vorurteile sei das Leben in der Wohngruppe heute „voll das Leben“. Hier hätten sich im Laufe der Jahre ganz unterschiedliche Menschen getroffen: solche, die auf der Straße gelebt hätten, und solche aus bürgerlichem Milieu, Heterosexuelle und Homosexuelle, Männer und Frauen, Alte und Junge. Die aktuell sechs Bewohner der Wohngruppe fühlten sich zuhause und hätten eine neue Familie gefunden. „Menschen erfahren hier Heil, weil sie bedingungslos angenommen werden – sei ihre Existenz noch so brüchig und gebrochen“, sagte Koch. Es sei ein starkes Stück Kirche, das hier sichtbar werde. „Eine Kirche, die mit HIV und Aids umgehen kann, die die Not und den Menschen in den Vordergrund stellt und nicht die Moral. Eine Kirche, die Betroffene nicht ausgegrenzt, sondern die eigene Entgrenzung betreibt in Richtung auf diese.“
„Voll das Leben“, das Motto der Feier, verspreche nicht nur die Zuckerseite des Lebens, bekräftigte auch Wernicke, seit vielen Jahren seelsorgerlicher Begleiter der Wohngruppe. „Und das gefällt mir. Dazu gehören nicht nur Geschenke und erfüllte Dinge, sondern auch Verluste.“ In der WG habe er in vielen Jahren alles erlebt: Lachen, Weinen, Putzen, Tanzen, Trauern – voll das Leben. Die Menschen, die dort arbeiten, bezeichnete der Augustinerpater als einmalig. Der Caritas sprach er für dieses mutige Engagement seinen höchsten Dank aus. Musikalisch umrahmt wurde die Feier, an die sich eine Begegnung alter Freunde und Weggefährten der Wohngruppe anschloss, von der Musikgruppe „Talita kum“ der Würzburger Sankt-Ursula-Schule.
lh (Caritas)
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