Würzburg (POW) Für eine „strategische Allianz“ zwischen Russisch-Orthodoxer und Katholischer Kirche hat sich der Außenamtsleiter des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion Alfejew, am Samstag, 19. März, beim Kongress „Treffpunkt Weltkirche“ des Hilfswerks „Kirche in Not“ im Würzburger Congress Centrum ausgesprochen. Damit betonte er, wie wichtig es sei, dass beide Kirchen eng zusammenarbeiten und gemeinsam Lösungen zur Stärkung des Christentums in der säkularisierten Welt finden. Der Kongress unter dem Leitwort „Lasst euch vom Geist entflammen – ein neues Pfingsten für die Kirche“ endete am Sonntag, 20. März, mit einem Abschlussgottesdienst, den Joachim Kardinal Meisner zelebrierte.
Zur Podiumsdiskussion mit Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, und dem orthodoxen Metropoliten Hilarion war der Saal im Congress Centrum voll besetzt. Nach den Worten des Metropoliten ist die Beziehung zwischen Katholiken und Orthodoxen in den vergangenen Jahrzehnten ernsthaften Belastungen ausgesetzt gewesen. Der Fall der Mauer habe jedoch zu einem Neuanfang in Europa und auch zu einem Neuanfang im Dialog zwischen den Kirchen geführt. Der orthodoxe Metropolit kritisierte das Gesellschaftsbild im modernen Europa. Traditionelle Werte wie beispielsweise die Familie würden eine immer geringere Rolle spielen. „An erster Stelle der Menschen kommt immer die Karriere und der berufliche Erfolg“, sagte er. Die Verbreitung der christlichen Vorstellung der Familie sei eine Aufgabe beider Kirchen. Dafür erntete Alfejew großen Applaus.
Der Metropolit machte außerdem darauf aufmerksam, dass die Christen die größte Gemeinschaft seien, die Diskriminierungen ausgesetzt sei. „Das geschieht vermehrt auch in Ländern mit einer tiefen christlichen Tradition“, sagte er. Für den orthodoxen Außenamtsleiter sind auch die Medien an einem verzerrten Wertebild in Europa schuld: „Es kann nicht sein, dass alle Äußerungen des Papstes als konservativ und veraltet abgeschrieben werden“, sagte er.
Auch Kardinal Koch setzte sich in der Diskussion für ein Erstarken des Christentums in Europa ein. Allerdings sah er die Schuld an einem falschen Wertebild auch in den eigenen Reihen: „Sie haben über eine gemeinsame strategische Allianz zur Lösung der Probleme gesprochen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich dabei die gesamte katholische Kirche hinter mir habe“, sagte er. In der Kirche gäbe es selbst völlig verschiedene Ansichten, was beispielsweise den Schutz der Familie betrifft.
Für Alfejew war die Sache hingegen klar: „Das Wort Allianz hat etwas militärisches“, sagte er. Das müsse so sein, schließlich seien die Kirchen im Kampf. „Wir sind nicht gegen etwas, aber für etwas“, betonte er. „Wir kämpfen für menschliches Leben und Würde. Wir kämpfen für die Wertschätzung der christlichen Familie.“ Seine Forderungen wurden immer wieder durch kräftigen Applaus der Zuhörer unterbrochen. Bei den Zuschauern kamen die Thesen von Metropolit Alfejew und Kardinal Koch gut an. „Im Begriff der strategischen Allianz zwischen den beiden Kirchen steckt viel drin“, meinte Kongressteilnehmerin Edith Göttlicher. Für sie habe der Werteverlust in der Gesellschaft schon vor langer Zeit begonnen. Es sei an der Zeit, sich endlich gemeinsam für ein starkes Christentum in Europa einzusetzen.
Für die Zukunft wünschten sich Koch und Alfejew eine noch stärkere Zusammenarbeit der beiden Kirchen: „Wir müssen lernen, zusammen zu atmen und für die Gesellschaft ein gemeinsames Zeugnis abzulegen“, sagte Kardinal Koch. Die von Alfejew genannte strategische Allianz sei der Weg zum größten Ziel: zur gemeinsamen Eucharistie. Der orthodoxe Metropolit kritisierte bei seinem Blick in die Zukunft den Versuch, die christliche Lehre dem modernen Leben anzupassen. Die Katholische und die Russisch-Orthodoxe Kirche müssten weiterhin mit vereinten Kräften kämpfen, um starke christliche Werte in der Gesellschaft zu verwurzeln.
(1211/0341; E-Mail voraus)
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