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Sozialwirtschaft unter Druck

Tagung mit 50 Leitern von Sozialstationen und Seniorenheimen aus Unterfranken – Finanz- und Personalvorstand Roth: Caritas muss bundesweit immer besser unternehmerisch handeln

Gadheim (POW) Als reserviert hat Niko Roth, Finanz- und Personalvorstand des Deutschen Caritasverbandes in Freiburg, die Stimmung bei Caritasmanagern in Deutschland beschrieben. Der Kostenfaktor „Soziales“ gerate mehr und mehr aus den Fugen. Der sozialen Wirtschaft werde kein eigener Aufschwung mehr zugetraut, viele Caritasmanager empfänden das kirchliche Tarifwerk AVR als zu teuer für den Wettbewerb mit privaten Anbietern. Und sie bemängelten, dass Niedriglohngruppen aufgrund von Auslagerungen vielfach schon aus Einrichtungen der Caritas verschwunden seien. Solche Mitarbeiter müssten wieder zurück geholt werden, erklärte Roth. Vor rund 50 Leitern von Seniorenheimen und Sozialstationen der Caritas aus der ganzen Diözese Würzburg stellte er im Markushof in Gadheim eine bundesweite Erhebung bei Altenhilfeeinrichtungen der Caritas vor, die der Deutsche Caritasverband im Vorjahr durchgeführt hatte.

Eine der Kernthesen dieses Papiers: Die Unternehmen der Caritas stecken in der Zwickmühle. Die dauerhafte Finanzkrise des Staates und der Sozialsysteme erzeugt einen großen Druck für Träger sozialer Einrichtungen. Während die öffentlichen Zuschüsse immer mehr sinken, sind gleichzeitig die Entgelte für Pflegeleistungen immer weniger kostendeckend. Die Träger müssten immer effizienter arbeiten. Mit der Einführung neuer Finanzierungs- und Vergütungssysteme versuchten es einige daher ganz offen, bei der Leistungserstellung mehr Anreize zur Wirtschaftlichkeit zu schaffen. Der Einzug des Wettbewerbs in der Sozialwirtschaft sei nicht aufzuhalten. „Bei den ambulanten Diensten ist er schon lange präsent. Auf dem stationären Pflegemarkt in Bayern ist der Marktanteil der privaten Anbieter mit knapp einem Viertel noch vergleichsweise gering“, erklärte Roth.

Die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte wirke sich besonders schmerzhaft auf die Investitionen sozialer Einrichtungen und Dienste aus. Roth prophezeite einen Wandel von der Objekt- zur Subjektförderung. Bei der Objektförderung werden Zuschüsse als Investitionshilfe an die Objekte, das heißt die Häuser, gezahlt. Bei der Subjektförderung erhalten die kranken und pflegebedürftigen Menschen die Hilfen und können sich damit Pflegeleistungen einkaufen. „Diese Art der Förderung verschärft zwar den Wettbewerb untereinander, ist aber grundsätzlich bedarfsorientierter als die Objektförderung. Denn so werden nur Plätze finanziert, die tatsächlich in Anspruch genommen werden“, sagte Roth. Träger sozialer Dienste müssten notwendige Neu- und Umbauten jedoch immer mehr über den Kapitalmarkt finanzieren. Dort gälten andere Gesetze als in den Verhandlungen mit öffentlichen Kostenträgern. „Der Kapitalmarkt – hier vor allem die Geschäftsbanken – knüpft die Kreditvergabe an aussagekräftige Investitionspläne und die Bonität des Kreditbewerbers. Die neuen europaweit geltende Kreditrichtlinien (BASEL II) werden die Vergabe von Krediten erschweren. Kapitalkosten – bisher ein eher unbedeutender Kostenfaktor – treten immer mehr in den Vordergrund.“

Strategische Unternehmenspolitik bekomme daher eine größere Bedeutung, die Bereitschaft zum Risikomanagement müsse zunehmen. Zudem bedürfe es ständiger Qualitätsanstrengungen, Kundenbefragungen, guter Unternehmenskultur, eines verlässlichen Controllingsystems, Transparenz und Aufsicht sowie eines Vergleiches mit ähnlichen strukturierten Betrieben. Roth mahnte Kooperationen oder gar Fusionen und mehr innerverbandlichen Wettbewerb an. „Auch die Tarifstrukturen werden sich ändern“, zeigte sich Roth gewiss. Dennoch dürfe die Caritas bei allem unternehmerischen Handeln nie ihre Wurzeln vergessen. Dazu gehörten vor allem das christliche Menschenbild, die Würde und das Ermöglichen eines weitgehend selbstbestimmten Lebens aller Patienten oder Kunden. Die anschließende lebhafte Diskussion vor allem über Wettbewerb und Tarifsysteme zeigte, dass Roth mit seinem Vortrag den Nerv der Zuhörer getroffen hatte.

(0906/0353)