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Siebter Zwischenbericht zum Prozess „Erneuern und Sparen“ im Bistum Würzburg

Von Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand, vorgetragen bei der Haushaltspressekonferenz am 20. Januar 2012

1. „Entweltlichung“

Gäbe es auch im kirchlichen Bereich ein „Wort des Jahres“, so hätte der Ausdruck „Entweltlichung“, den Papst Benedikt XVI. bei seinem letzten Deutschlandbesuch in der berühmten „Freiburger Rede“ gleich mehrmals gebraucht hat, gute Chancen, auf dem ersten Platz zu landen. Jedenfalls ist „Entweltlichung“ seither zu einer viel diskutierten Parole geworden. Nicht wenige haben sie allzu vordergründig so gedeutet, als ob der Papst die Katholiken in seinem Heimatland auffordern wolle, die gewachsenen Beziehungen zu den staatlichen Strukturen wie sie etwa in der Kirchensteuer und den Mitwirkungsrechten im öffentlichen Leben greifbar sind, radikal über Bord zu werfen und gewissermaßen ein „chemisch reines“ kirchliches Eigenleben zu führen. Wer solche Schlussfolgerungen zieht, wird indes dem Papst als differenziertem Denker nicht gerecht. Es geht ihm nicht um einen Rückzug aus der Welt, sondern darum, dass die Kirche in der Welt deutlich macht, dass sie von Voraussetzungen herkommt und auf Ziele hin ausgerichtet ist, die eben nicht rein innerweltlich zu definieren und zu realisieren sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Auch in ihrem Umgang mit materiellen Gütern und in ihren finanziellen Aktionen muss die Kirche klar zeigen, dass sie im weitesten Sinn damit ihrer ureigenen Sendung dient – nämlich in den drei Grundfeldern Verkündigung, Liturgie und Diakonie den Menschen Gottes helfendes Handeln nahezubringen und dies gleichzeitig so zu tun, dass damit Perspektiven vermittelt werden, die über dieses Weltgeschehen hinausweisen, weil sie letztlich in Gottes Ewigkeit gründen. „Entweltlichung“ meint also gerade nicht Rückzug in ein abgeschottetes kirchliches Binnenleben, sondern ein Offenhalten des Lebens auf größere Zusammenhänge hin. Ich sage das bewusst zum Auftakt dieser Haushaltspressekonferenz, weil nur so eine angemessene „Ortsbestimmung“ des finanziellen Handelns einer einzelnen Ortskirche, wie sie das Bistum Würzburg darstellt, möglich ist. Die Betrachtung des Bistumshaushalts darf sich nicht in vordergründigen Zahlenspielen und Rechenexempeln erschöpfen, sondern muss immer wieder neu bis in die einzelnen Positionen hinein Maß nehmen am Grundauftrag der Kirche und versuchen, ihn unter konkreten und gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen zu realisieren.

2. Verkündigung – Liturgie – Diakonie

Geht man von dieser Voraussetzung aus, dann lässt sich im Blick auf den Haushalt 2012 unschwer erkennen, wie sich die verschiedenen Einzelpositionen den drei Grunddimensionen Verkündigung, Liturgie und Diakonie zuordnen lassen. Ich nenne nur einige Beispiele: Die Aufwendungen für allgemeine und besondere Seelsorge wie auch für Schule und Bildung sowie im Bereich der Medien müssen immer neu am Verkündigungsauftrag der Kirche gemessen werden. Der Bau- und Kunstetat ist etwa im Blick auf anstehende Kirchenrenovierungen vom Kriterium her zu betrachten, inwieweit solche Maßnahmen für die Förderung eines authentischen liturgischen Lebens hilfreich sind, das Gottes Gegenwart erhellt und nicht verstellt. Die Aufwendungen im sozial-caritativen wie auch im kulturellen Bereich sind nur dann sinnvoll, wenn sie als Ausdruck eines diakonischen Verständnisses erscheinen, das den umfassenden Dienst am Leben als konkrete Konsequenz aus dem christlichen Verständnis von Schöpfung und Erlösung sieht. Ich halte es für wichtig, solche Maßstäbe immer wieder in Erinnerung zu rufen, weil sonst leicht die Gefahr besteht, dass ein Bistumshaushalt wie ein großer Kuchen gesehen wird, von dem die verschiedensten kirchlichen Interessensgruppen ein möglichst großes Stück abbekommen möchten.

Ich habe bereits ausgeführt, dass der kirchliche Grundauftrag stets im Blick auf die konkreten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen zu verwirklichen ist. Wendet man diese Perspektive auf den Bistumshaushalt 2012 an, so lässt sich sagen, dass infolge der nochmals günstigen Kirchensteuereinnahmen das Volumen von knapp 153 Millionen Euro auch heuer ohne die Entnahme von Rücklagen zustandekommen konnte. Mittel- und langfristig wird sich jedoch das Kirchensteueraufkommen aufgrund der demographischen Entwicklung und anderer Faktoren (auch die Kirchenaustritte spielen dabei eine Rolle) drastisch vermindern. Schätzungen gehen im Blick auf die nächsten 20 bis 25 Jahre von einem Rückgang bis zu einem Drittel des derzeitigen Volumens aus. Gerade angesichts dieser Tendenz ist es wichtig, dass nicht ein wilder innerkirchlicher Verteilungskampf um die knapper werdenden Mittel entbrennt, sondern die Schwerpunkte kirchlichen Handelns nach theologisch, spirituell und pastoral verantworteten Kriterien festgelegt werden.

3. Das Bistum als Arbeitgeber

Eine Herausforderung stellt sich dabei besonders: Vom Anspruch ihrer eigenen Soziallehre her ist die Kirche gerade in diesem Bereich nur glaubwürdig, wenn sie selbst ein verlässlicher Arbeitgeber ist. Deshalb will das Bistum auch für dieses Jahr an der Grundsatzentscheidung festhalten, dass es (im verfasst-kirchlichen Bereich) weiterhin keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Wenn man jedoch sieht, dass auch im neuen Haushalt die Personalkostenquote mit über 66 Prozent den größten Ausgabenblock darstellt, dann steht die Personalplanung vor der Herausforderung, mittel- und langfristig die Personalstärke im Verwaltungsbereich so zu gestalten, dass sie weiterhin effizient der Pastoral dient, aber zugleich nicht unverantwortlich ausufert. Wie nötig und zugleich schwierig diese Aufgabe ist, zeigt sich derzeit ganz speziell im Blick auf die Weiterentwicklung unserer Pfarreiengemeinschaften, die vor knapp zwei Jahren errichtet wurden. Dringlich ist dabei besonders ein erneuertes Profil der Angestellten in den Pfarrbüros, die ja eine wichtige Schnittstelle zwischen Pastoral und Verwaltung darstellen. Was zählt zu den Kernaufgaben vor Ort, was lässt sich – etwa durch die Weiterentwicklung im EDV-Bereich – zentral von Würzburg aus bewältigen, wo ist auch in diesem Bereich ergänzendes ehrenamtliches Engagement gefragt? Im Zug des Prozesses „Erneuern und Sparen“ sind das Fragen, mit denen sich neben anderen Gremien wie dem Allgemeinen Geistlichen Rat und dem Diözesansteuerausschuss auch die seit 2003 bestehende Prioritätenkommission verstärkt befasst hat. Ein weiteres Problemfeld, das uns derzeit stark beschäftigt, ist die Zahl unserer diözesanen Bildungshäuser. Hatte man bis vor zirka 20 Jahren noch den Eindruck, als sei die Frage vorherrschend: „Haben wir alle Häuser, die wir brauchen?“, so stellt sich das Problem mittlerweile umgekehrt: „Brauchen wir alle Häuser, die wir haben?“. Die Frage stellt sich nicht nur wegen des Rückgangs der Katholikenzahl, sondern auch wegen des veränderten Zuschnitts der kirchlichen Bildungsarbeit. Eine eigene Arbeitsgruppe hat sich seit längerem damit befasst und wird die Ergebnisse demnächst in die Prioritätenkommission einbringen.

Dies waren nur zwei Beispiele aus der Vielzahl von „Baustellen“, die es auch in den kommenden Jahren geben wird. Sie lassen sich nur angehen, wenn die Verantwortlichen in guter Weise kooperieren und Detailfragen stets im Blick auf das Ganze sehen.

4. Danksagung

Ich weiß, dass ich gerade in dieser Hinsicht in meinem Dienst als Generalvikar besonders gefordert bin. Dabei habe ich allen Grund für vielfache Unterstützung zu danken: Für das Vertrauen unseres Bischofs, für die gute Zusammenarbeit mit Finanzdirektor Albrecht Siedler und seinem Stellvertreter Andreas Hammer sowie für die wichtige Unterstützung durch die Verantwortlichen vor Ort. Nachdem Herr Oskar Hehn, der seit März 1989 das Kirchensteueramt leitet, zum letzten Mal bei einer Haushaltsvorstellung dabei ist, möchte ich ihm schon jetzt für seine kompetente und stets loyale Tätigkeit im Umgang mit dieser spannungsreichen, aber auch spannenden Materie herzlich danken. Gleichzeitig begrüße ich seine Nachfolgerin, Frau Heike Horn und wünsche ihr einen guten Einstand. Wenn wir den Haushalt der Diözese vorstellen, dann ist dies auch so zu verstehen, dass er nur durch die Solidarität der Katholiken im ganzen Bistum zustande kommt, die es durch ihre Kirchensteuer möglich machen, dass eine Kirche, die nicht von der Welt ist, gleichwohl in der Welt verantwortet wirken kann.

Würzburg, 20. Januar 2012

Mitglieder der Prioritätenkommission:

Leitung: Dr. Karl Hillenbrand, Generalvikar

Hans-Dieter Arnold, Miltenberg; Norbert Baumann, Schweinfurt; Clemens Bieber, Domkapitular, 1. Vorsitzender des DiCV; Robert Borawski, Pfarrer, Veitshöchheim; Karl-Peter Büttner, Vorsitzender des Diözesanrats; Ferdinand Kraus, Mellrichstadt; Thomas Lorey, Personalleiter; Joachim Morgenroth, Pfarrvikar, Schweinfurt; Dietrich Seidel, Domkapitular, stv. Generalvikar; Albrecht Siedler, Finanzdirektor; Christoph Vierheilig, Burkardroth; Christoph Warmuth, Domkapitular, stv. Leiter der HA II; Dorothea Weitz, 1. Vorsitzende der Mitarbeitervertretung.