Würzburg (POW) Professor Dr. Klaus Laubenthal, Ansprechpartner in der Diözese Würzburg für Opfer sexuellen Missbrauchs, hat anlässlich seiner einjährigen Amtszeit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann eine Bilanz seiner bisherigen Tätigkeit vorgelegt. Demnach wurden ihm seit 19. März 2010 insgesamt 62 relevante Vorwürfe wegen Missbrauchshandlungen im strafrechtlichen Sinne und Grenzüberschreitungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit gegen Priester und Mitarbeiter der katholischen Kirche übermittelt. Laubenthal hatte bei Amtsantritt am 19. März 2010 sein Leitmotiv für diese Aufgabe mit den Worten „Mitgefühl und Sorgfalt“ beschrieben. „Die Aufklärungsarbeit unter diesem Motto war im Bistum Würzburg die richtige Strategie“, betonte Laubenthal am Donnerstag, 17. März, in Würzburg.
Von den 62 übermittelten Vorwürfen betraf ein nicht unerheblicher Teil Ordensangehörige und Beschuldigte aus anderen Bistümern. Gegen Priester der Diözese Würzburg richteten sich 30 Vorwürfe. Da einige Geistliche mehrfach beschuldigt wurden, richteten sich Vorwürfe gegen 24 Priester des Bistums sowie sechs Vorwürfe gegen weitere Mitarbeiter der Diözese. Da die Vorwürfe teilweise bis in die 1940er Jahre zurückreichen, war die Hälfte der beschuldigten Priester bereits verstorben. Hinsichtlich der zwölf noch lebenden beschuldigten Kleriker wurden gegen acht von ihnen Vorwürfe sexualbezogener Missbrauchshandlungen erhoben, sowie gegen vier Priester wegen Grenzverletzungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit. In zwei Drittel der Fälle wurden die Beschuldigungen durch Opfer selbst mitgeteilt, im Übrigen durch Dritte. Von den Betroffenen waren 55,6 Prozent männlich, 44,4 Prozent weiblich. „Diese Geschlechterverteilung auf der Opferseite steht im Gegensatz zu der häufig aufgestellten These, der sexuelle Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche sei ganz überwiegend ein Homosexuellen-Problem“, sagte Laubenthal.
Sieben Vorwürfe gegen Geistliche wurden seit März 2010 an die zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet und alle Verfahren wegen Verjährung eingestellt. Für Laubenthal ist dies Grund, seine Forderung zu wiederholen, alle Verjährungsfristen bei Delikten des sexuellen Missbrauchs bei Kindern abzuschaffen. Mit Blick auf das zurückliegende Jahr könne er im Bistum Würzburg eine deutlich zunehmende Sensibilisierung bezüglich der Themen sexueller Missbrauch und Grenzverletzungen im kirchlichen Bereich feststellen. Das zeige sich auch daran, dass sämtliche sechs Vorwürfe mit aktuellen Geschehnissen aus den Jahren 2010/2011 dem Missbrauchsbeauftragten von Personen aus dem kirchlichen Bereich mitgeteilt wurden und dass diese fast ausschließlich Grenz- und Distanzverletzungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit betrafen. Lediglich in einem Fall musste wegen eines Missbrauchsverdachts die zuständige Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden.
Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand dankte Laubenthal für sein Engagement im zurückliegenden Jahr. Im Bistum Würzburg sei die Aufklärungs- und Präventionsarbeit intensiv vorangetrieben worden. Im Bereich der Kirchlichen Jugendarbeit (kja) werde demnächst eine eigene halbe Projektstelle zu diesem Zweck geschaffen, um die Präventionsarbeit möglichst intensiv zu gestalten. Bereits seit Juli 2010 seien Teresa Elbert und Felix Lamprecht als Vertrauenspersonen für sexualisierte Gewalt in der kja tätig. „Weitere Bemühungen zur umfassenden Sensibilisierung für die Problematik werden im Bereich der Ausbildung für die pastoralen Berufe sowie im Fortbildungssektor unternommen“, unterstrich Hillenbrand.
Seit 10. März 2011 ist Laubenthal auch zuständig für die Entgegennahme von Anträgen auf finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids Betroffener. Personen, die als Minderjährige durch Priester oder andere kirchliche Mitarbeiter sexuell missbraucht worden sind, können sowohl die Übernahme von Kosten für Psychotherapie beziehungsweise Paarberatung, als auch eine finanzielle Leistung bis zu einen Betrag in Höhe von 5000 Euro beantragen. In besonders schweren Fällen ist zudem die Gewährung zusätzlicher Leistungen möglich. Antragsformulare können Betroffene im Generalvikariat, Bischöfliches Ordinariat Würzburg, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg, anfordern. Die ausgefüllten Formulare sind dann an den Missbrauchsbeauftragten Professor Dr. Klaus Laubenthal (persönlich/vertraulich), Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, zu senden.
Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.bistum-wuerzburg.de („Rat und Hilfe“) und unter www.dbk.de.
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