Volkersberg (POW) Fünf junge Männer, die momentan in der Jugendbildungsstätte Volkersberg an einem zweiwöchigen Einführungslehrgang für Teilnehmer aus den Diözesen Würzburg und Bamberg teilnehmen, sind sich einig: Der Zivildienst ist ein wichtiger Reifeprozess für junge Männer. Fällt er weg, fällt auch viel soziale Kompetenz weg. Und ohne gesetzliche Verpflichtung engagiert sich kaum noch einer in der sozialen Arbeit.
Seit Einführung des Zivildienstes im April 1961 hat die Alternative des Wehrdienstes zirka 2,5 Millionen jungen Männern die Gelegenheit gegeben, soziale Kompetenz bei kranken, behinderten, alten oder sterbenden Menschen zu gewinnen. Die geplante Abschaffung des Wehrdienstes im kommenden Jahr wird auch das Instrument des Zivildienstes beenden. Bundesweit fallen rund 90.000 Zivildienststellen weg, allein in den Einrichtungen der Caritas sind es zirka 25.000. Über mögliche Ersatzformen wird diskutiert. Kirchliche Wohlfahrtsverbände setzen auf einen freiwilligen Zivildienst. Dafür wollen sie das „Freiwillige Soziale Jahr“ massiv ausbauen. Wie diese Freiwilligen bezahlt werden sollen und vor allem, wie man sie ohne Zwang zu diesem Dienst motivieren kann, darüber herrscht noch Unklarheit.
„Der Zivildienst ist ganz wichtig“, sagte David Kraus beim Einführungslehrgang. Der 19-Jährige absolviert seinen Zivildienst in der Caritas-Sozialstation Sankt Kilian in Höchberg. „Man wird offen für neue Sachen. Es wird ganz normal, anderen zu helfen.“ Der 20-jährige Paul Specht, der auf einer Station im Waldkrankenhaus Erlangen arbeitet, meinte: „In der Zivildienstzeit nehme ich ganz viele soziale Aspekte mit. Den gesetzlichen Zwang zum Zivildienst finde ich sinnvoll. Ich bin sehr enttäuscht, dass er abgeschafft wird.“ „In der Politik geht es leider nur um die Kohle“, schimpfte David. „Nur noch die Zahlen sind wichtig, nicht die Menschen. Wird der Zivildienst abgeschafft, gehen die sozialen Werte verloren. In spätestens fünf Jahren gibt es ein böses Erwachen, wenn alle Idealisten fehlen.“
Sein Kurskollege Josef Eichhorn, Zivildienstleistender in der Lebenshilfewerkstatt in Stockstadt, pflichtete ihm bei: „Man wird toleranter gegenüber anderen Menschen und ihren Probleme. Ich sehe es als einen großen Fehler an, den Zivildienst zu streichen.“ Stefan Gubik aus Rieneck, in der Caritas-Sozialstation Sankt Franziskus in Gemünden tätig, sagte: „Es ist ein toller Lerneffekt, wenn man in dem Moment, in dem man in der Blüte seines Lebens steht, pflegebedürftige Menschen trifft und ihnen helfen kann.“ Viele neue Erfahrungen hat auch der Eisinger Manuel Schüll gemacht, seit er im dortigen Sankt Josefs-Stift arbeitet: „Natürlich hatte ich vorher in Eisingen immer mal wieder behinderte Menschen gesehen. Doch jetzt im Stift zu arbeiten, ist schon was anderes. Wenn man unsere Bewohner und ihre Beschwerden sieht, relativieren sich die eigenen Wehwehchen schnell. Die Abschaffung des Zivildienstes nimmt jungen Menschen die Chance, soziale Kompetenz zu erlernen.“
Und wie beurteilen die fünf jungen Männer die letzte Reduzierung der Zivildienstzeit auf sechs Monate? Sechs Monate sind in Ordnung, meinen sie übereinstimmend. In der Zeit könne man noch genug machen. Außerdem könne jeder freiwillig verlängern, was einige aus der Runde auch machen wollen. „Die Zivildienstzeit sehe ich außerdem als Findungsphase, in der ich mir darüber klar werde, was ich später machen will“, meinte Manuel. In anderen freiwilligen Diensten wie dem FSJ sehen sie jedoch keinen gleichwertigen Ersatz. „Die lohnen sich nicht entsprechend.“ Freiwillige Dienste würden nicht ausreichend wertgeschätzt. Man müsste Anreize schaffen wie bessere Bezahlung, Vorteile bei der Studienplatzvergabe, der Lehrstellen oder Job-Suche. „Die freiwillige soziale Arbeit wird verschwinden“, vermutete Paul. „Die jetzigen Schüler, vor allem die neuen G8´ler am Gymnasium, werden nur noch durch die Schule gepeitscht“, sagte David. „Die haben in der Schule gar keine Gelegenheit mehr, das Leben kennen zu lernen.“ Und noch zwei wichtige Aspekte sprechen für den Zivildienst. „Zivis bringen in jede Einrichtung frischen Wind mit“, war sich Manuel sicher. „Und Zivis haben auf der Pflegestation Zeit für die Menschen, die Pfleger nicht“, lautete Pauls Erfahrung. Beides wird bald fehlen.
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