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Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann

am Fronleichnamsfest am Donnerstag, 22. Mai 2008, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

in Mettmann bei Düsseldorf gibt es eine Kirche, die dem heiligen Thomas Morus geweiht ist. Dort hat der Künstler Klaus Balke in den 1960er Jahren ein Altarwandbild geschaffen, das in Anlehnung an die Form eines indischen Mandala die „Ich bin Worte“ Jesu darstellt: So zum Beispiel „Ich bin die Tür zu den Schafen…“, „ich bin der Weinstock…“, „ich bin das Licht der Welt…“. Klaus Balke hat diese „Ich bin Worte“ veranschaulicht. Wir sehen beispielsweise den Weinstock, die geöffnete Tür und vieles mehr. Bei dem Wort Jesu „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Joh 6,5) hat er die empörten Jünger kopflos dargestellt. Er hat den von ihren Sitzen aufspringenden Jüngern durch die allen „Ich bin Worten“ vorgegebene Kreisform gleichsam die Köpfe abgeschnitten. Warum?

Diese Mettmanner Kirche hat einen Kirchenpatron, den heiligen Thomas Morus (1478-1535), der nicht nur ein berühmter Lordkanzler im Dienst des englischen Königs Heinrichs VIII. war, dem er den Suprematseid, d.h. die Anerkennung der obersten Vertretung der Kirche in England, verweigerte und dafür mit seinem Tod bezahlen musste, sondern er war auch ein guter Theologe, der sich in der Reformationszeit mit kontrovers behandelten Themen auseinandersetzte. Dazu gehörte die Frage nach der wesensgemäßen wirklichen Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein.

Schon damals wollte man die Realpräsenz Jesu Christi in ein symbolisches Verständnis auflösen, etwa in dem Sinne, dass man sagte, man erinnere sich bei der heiligen Messe an das Geschehen im Abendmahlssaal, feiere andenkend das, was damals gefeiert wurde.

So manchem Heutigen ist auch das Verständnis für die reale Gegenwart in den eucharistischen Gestalten verloren gegangen. Man spricht vom „heiligen Brot“, vom „Lebensbrot“ und bleibt dabei in einer bildhaften Sprache, die das eigentliche Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi leicht verdunkelt.

Genau das hat Thomas Morus in seiner Darstellung der „Ich bin Worte“ aufgebrochen. Er argumentierte wörtlich:

„Wenn Christus vom Altarssakrament sprach, war die Wirkung auf seine Zuhörer eine ganz andere als bei den übrigen Gleichnissen. Schon daran erkennen wir, dass er seine Worte nicht als Symbol verstanden wissen wollte. Niemand von den Anwesenden wunderte sich, als er sich mit einer Tür oder einem Weinstock verglich. Warum nicht? Sie merkten genau, dass er sich in Wirklichkeit nicht für einen Weinstock hielt. Als er aber den Jüngern verkündete, dass sein Fleisch ihre Speise, sein Blut ihr Trank werde, da war ihr Staunen sehr groß. Und warum wohl? An seinen Worten und an der Art wie er sprach, erkannten sie, dass er wirklich von seinem Fleisch und Blut sprach. Sonst hätten sie gewiss diese eigentümlichen Sätze auch als ein Bild und Gleichnis verstanden und sich nicht darüber gewundert. Das Wunder erschien ihnen so groß und gewaltig, dass sie fragten, wie das geschehen könnte. Ist das nicht schon ein Beweis, dass schon die Jünger diese Worte nicht als eine Parabel verstanden, sondern wirklich zu glauben versuchten, dass Christus ihnen sein Fleisch und Blut geben werde.“ (Berglar, Peter: Die Stunde des Thomas Morus, 1978, S. 232)

Liebe Schwestern und Brüder,

wir dürfen wirklich glauben, dass Christus uns in den Gestalten von Brot und Wein selbst begegnet. Schon die Feier des Abendmahles war in die Liturgie des jüdischen Pessahfestes eingebunden, die nicht nur an die Heilstaten Gottes beim Auszug aus Ägypten erinnerte, sondern Gottes Heilshandeln vergegenwärtigte. Die mitfeiernden Apostel verstanden sehr wohl, wenn Christus ihnen auftrug: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“, dass es sich nicht nur um ein späteres Zurückerinnern handeln sollte, sondern um ein Gegenwärtigsetzen dieses unbegreiflichen Geschehens. Im Abendmahlssaal nahm Jesus schon sein Erlösungsleiden und -sterben am Kreuz voraus, wenn er sagte: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird…“

In seiner letzten Predigt hat der verstorbene Kardinal Leo Scheffczyk im Dom zu Regensburg (am 11. Juni 2005) von der Eucharistie als „das innerste Geheimnis der Kirche“ gesprochen. Er sagte:

„Die Eucharistie ist … das Sakrament der höchsten Anziehungskraft Gottes, es ist das Zeichen der Vereinigung Gottes mit den Menschen, es ist Kommunion, Gemeinschaft mit Christus, mit seinem Kreuz und seiner Auferstehung. Das wird dem einzelnen Gläubigen zur Gewissheit, wenn er die hl. Kommunion empfängt, in der Christus als das Opfer am Kreuz in ihn eingeht und sein Leben in das Leben Christi umgewandelt wird, so dass es von ihm in den Worten des hl. Paulus heißen kann: ‚Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir’ (Gal 2,20).“

Und dann fügt er weiter an: „Aber die persönliche Vereinigung mit dem eucharistischen Herrn sollte uns, trotz ihrer abgründigen Tiefe, nicht zu der Meinung verleiten, dass dies ein privates, subjektives Geschehen sei, das sich zwischen der Einzelseele und ihrem Gott allein abspielt. Die Eucharistie ist ja die Feier der Gläubigen, sie ist das Opfer und Mahl der ganzen Kirche… (und wenig später heißt es) Die Feier des eucharistischen Leibes bewirkt die Vertiefung der Einheit des mystischen Leibes mit allen seinen Gliedern. Das ist der Grund, warum legitimer weise die Eucharistie nur von einem vollgültigen Glied der Kirche gefeiert und empfangen werden kann.“

Dieses die ganze Kirche erfassende und Gemeinschaft stiftende Geheimnis ist auch der Grund, warum wir mit der heiligen Eucharistie in der Monstranz durch die Straßen unserer Stadt ziehen. Wir wollen Zeugnis von unserem Glauben ablegen, dass Christus uns in dem Sakrament der Eucharistie als Glieder seines mystischen Leibes zusammenbindet. Wir wollen, dass der Segen Jesu Christi alle Menschen erreicht.

Unser Gedankengang wäre allerdings unvollständig, wollten wir uns nicht darüber klar werden, dass die heilige Eucharistie auch schon „immer … in der Ahnung und in der Erwartung des himmlischen Hochzeitsmahles, der Hochzeit des Lammes, von der uns die Offenbarung des Johannes spricht (geschieht)“ (Scheffczyk ebd.). Sie ist – wie Kardinal Scheffczyk formulierte – „eine Freude des Friedens, des Trostes, der Zuversicht im Heiligen Geist.“

Leben und verkünden wir dieses froh machende Geheimnis einer Welt, die im Glauben zu erkalten droht. Lassen wir in uns die Freude über Gottes Nähe zu uns in der heiligen Eucharistie auch im Alltag anmerken. Amen.