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Pfingsten – Ansporn zum Aufbruch

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalamt zum Hochfest des Heiligen Geistes am Pfingstsonntag, 12. Juni 2011, im Kiliansdom zu Würzburg

Zu den Erinnerungen an meine Kindheit gehört die Erfahrung, dass meine Mutter in unserem Haus stets präsent war. Falls sie einmal verreiste, war das Haus leer, obwohl ich es mit meinem Vater und meinen Brüdern bewohnte. Die Anwesenheit meiner Mutter schenkte mir immer das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und menschlicher Wärme.

Ich kann mir vorstellen, dass es den Aposteln in der Gemeinschaft Jesu ähnlich erging: Sie waren mit ihm stets zusammen, erlebten seine Nähe als sicheren Halt und als zugewandte Liebe.

Von daher war das Heimgehen Jesu zum Vater, die Himmelfahrt am 40. Tag nach der Auferstehung, ein zunächst schmerzliches Erlebnis. Der, auf den sie alle Hoffnung gesetzt hatten und der in seiner Auferstehung eine ganz neue Weltsicht eröffnet hatte, ließ sie zurück. Sie hatten sicherlich noch so vieles zu erfragen, was sie nicht verstanden hatten. Wie wirr muss es in ihrem Kopf zugegangen sein.

Dazu kam noch die Angst, sie könnten ein ähnliches Schicksal wie Jesus erleiden, gefangengenommen, gepeinigt und sogar getötet werden. Und dann?

Jesus weiß um ihre seelische Verfassung und nimmt in den uns überlieferten ‚Abschiedsreden’ darauf Bezug. Lukas berichtet ganz kurz und knapp: „…ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet.“ (Lk 24,49)

Und in der Apostelgeschichte werden die letzten Worte Jesu vor der Himmelfahrt wie folgt überliefert: „…ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.“ (Apg 1.8)

Christus weiß um die innere Not seiner Jünger. Johannes berichtet, dass Jesus in seinen ‚Abschiedsreden’ gesagt hat: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich. …. Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch.“ (Jh 14,1; 14,16u.17)

Zweimal ist von der Geistsendung die Rede: Am Ostersonntagabend und am Pfingstfest.

Beim ersten Kommen des Heiligen Geistes sitzen die verängstigten Apostel im verschlossenen Abendmahlssaal in Jerusalem. Jesus taucht plötzlich auf und sagt: „Friede sei mit euch!“ Dieser Segensgruß begleitet von nun an alle Zeugen seiner Auferstehung, ja er wird geradezu zum Erkennungszeichen der Begegnung mit dem Auferstandenen.

Jesus sendet nun seine Jünger aus, diese Frohbotschaft zu verkünden, und gibt ihnen die Vollmacht zur Sündenvergebung: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ (Joh 20,22.23)

Hier ist die Gabe des Heiligen Geistes in zweifacher Hinsicht erkennbar: Zum einen lässt er die Apostel Christus als den auferstandenen Herrn erkennen und zum anderen beauftragt er sie als Zeugen, sein Heilswerk in der Sündenvergebung fortzusetzen.

Dennoch bedarf es des Pfingstfestes, dass dieser Auftrag auch öffentlich umgesetzt wird.

Erst als der Heilige Geist sie am Pfingsttag erfüllt, gewinnen sie den Mut, die Türen aufzureißen, auf die Straße zu gehen und den Menschen, die Jesus haben sterben sehen, zu verkünden: Er lebt! Er ist von den Toten auferstanden. Welch ungeheuerliche provokante Botschaft!

Das zweite Kennzeichen dieser Geistsendung aber ist die Fähigkeit, in verschiedenen Sprachen zu reden. Egal ob es sich um Pilger aus Mesopotamien, Judäa und Kappadozien handelte, ob sie aus Ägypten oder Rom kamen – um nur einige Länder und Orte zu nennen – sie verstanden die Apostel. Ihre Worte trafen ins Herz.

Liebe Schwestern und Brüder, müsste Pfingsten nicht auch für uns zu einem neuen Aufbruch werden? Wir haben alle den Heiligen Geist empfangen: In der Taufe hat er in uns Wohnung genommen. In der Firmung besiegelte er unser Herz als seine Heimstatt. Wir alle sind als Gottes heiliges Volk berufen, seine Liebestaten zu erkennen und zu verkünden.

Der Heilige Geist gibt – wie wir es in der zweiten Lesung hörten – „verschiedene Gnadengaben“ (1 Kor 12,4) und „verschiedene Dienste“ (1 Kor 12,5). Erkennen wir unsere besonderen Gaben? Setzen wir sie auch zur Verbreitung dieser Frohen Botschaft ein?

Für uns kann Pfingsten zum Ansporn werden aufzubrechen, in die Gesellschaft hinein den Glauben an den auferstandenen und unter uns gegenwärtigen Herrn zu tragen – und das mit Herzblut! Unsere Mitmenschen sind nicht nur durch den Umbruch der Gesellschaft und die negativen Schlagzeilen über die Kirche verunsichert, sie warten auf glaubwürdige Menschen, die – im wahrsten Sinne des Wortes – begeistert den Glauben verkünden und leben.

Lassen wir uns vom Heiligen Geist entzünden! Amen.