Würzburg (POW) Zwei Hände, die ineinander greifen und horizontal einen kleinen Kreis in die Luft malen: Das ist in der Gehörlosen-Sprache die Gebärde für das Wort Hospiz. Bei den regelmäßigen Treffen der gehörlosen Hospizhelferinnen in der Diözese Würzburg sind diese Handbewegungen oft zu beobachten. Bereits seit 2001 begleiten Hedda Benesch, Doris Ehrenreich, Gerlinde Koch, Erna Kübert, und Ursula Merz – alle selbst hörgeschädigt – gehörlose Menschen in der Region Würzburg und Karlstadt auf der letzten Wegstrecke ihres Lebens. Sie stellen damit bayernweit die einzige Gruppe dar, zu der sich gehörlose Hospizhelferinnen zusammengeschlossen haben. Unterstützt werden die Frauen in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit von der katholischen Hörgeschädigtenseelsorgerin Pastoralreferentin Gudrun Heid, dem evangelischen Gehörlosenseelsorger Stefan Wurth und Wolfgang Engert, dem Hospizbeauftragten der Diözese Würzburg.
Die Hospizbewegung versucht Menschen zu helfen, die mit schwerer Krankheit, Verlust und Abschied leben müssen. Doch gerade Gehörlose können sich beispielsweise bei einem schwerwiegenden körperlichen Leiden ihrer Umwelt nur noch mühsam mitteilen und vereinsamen dementsprechend umso mehr. Das Würzburger Senioren- und Pflegeheim Marienheim des Caritasverbandes stattete daher beim Neubau 2005 sieben Zimmer nach einem gehörlosengerechten Standard aus, unter anderem mit einer Lichtsignalanlage statt einer Türklingel. Gehörlose Menschen können nicht wahrnehmen, wenn etwa das Pflegepersonal oder Besuch an die Tür klopft. Sie brauchen visuelle Signale, um darauf aufmerksam gemacht zu werden. Diese besondere Einrichtung komme bei den Betroffenen sehr gut an, was sich in der ständigen Auslastung der Wohnräume widerspiegle, erklärt Pastoralreferentin Heid.
Auch die Gruppe der gehörlosen Hospizhelferinnen ist deshalb überwiegend im Marienheim tätig. Doris Ehrenreich, die im Alter von zwölf Jahren eine Hirnhautentzündung erlitt und seitdem gehörlos ist, gibt dem Pflegepersonal Gebärdenkurse, um ihm die Alltagskommunikation mit den Patienten zu erleichtern. Denn was im Umgang hörender Menschen miteinander oft selbstverständlich funktioniert, kann bei Gehörlosen durchaus problematisch sein. So sollte man es vermeiden, gehörlose Mitbürger anzusprechen oder zu berühren, bevor man in ihr Sichtfeld eingetreten ist. „Auch besonders lautes Sprechen nützt überhaupt nichts“, erläutert Heid. Vielmehr helfe ein ausgeprägtes Mundbild beim Sprechen und eine Betonung der natürlichen Gestik.
Doch nicht nur im Marienheim engagiert sich die Gruppe. Meist genügt schon eine kurze E-Mail oder SMS und die Hospizhelferinnen setzen sich ins Auto und fahren bis nach Schweinfurt oder Karlstadt. Dabei fängt ihre Arbeit nicht erst an, wenn für ihre Patienten das Sterben schon begonnen hat. Die Frauen verstehen ihr Wirken vielmehr als Lebensbegleitung für gehörlose Menschen, sei es im Krankenhaus, Pflegeheim oder zu Hause: „Oft blühen die Gehörlosen direkt auf, wenn sie mich sehen. Sie sind dankbar für die Unterhaltung oder auch eine Umarmung“, unterstreicht Ehrenreich. Die Kraft für ihr ehrenamtliches Engagement ziehen die Hospizhelferinnen aus dem christlichen Glauben: „Ohne den Glauben schafft man es nicht durchzuhalten“, erklärt Benesch, und Merz ergänzt in Gebärdensprache: „Ich bete oft für meine kranken Patienten.“
(4609/1302; E-Mail voraus)
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