Würzburg/Haßfurt (POW) „Wir sind die Endstation“, sagt Kornelia Wirth, die Leiterin des Kolping-Projekts „Fit for Job“ in der Flugplatzstraße in Haßfurt. In der dortigen Werkstatt des Kolping-Bildungszentrums Schweinfurt arbeiten in einer kleinen Näherei derzeit 27 junge Frauen, die auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar sind. Das Projekt wird aus Mitteln des Solidaritätsfonds Arbeitslose im Bistum Würzburg und des Sozialfonds der Europäischen Union (EU) sowie durch die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Landkreis Haßberge unterstützt. 24.000 Euro gibt der Solidaritätsfonds der Diözese Würzburg in diesem Jahr.
Unter den 27 Frauen in der Haßfurter Werkstatt befindet sich Franziska (Name geändert). Im April 2010 wurde die gelernte Verpackerin arbeitslos, seit September arbeitet sie auf 400-Euro-Basis als Näherin beim Kolping-Projekt. Die Agentur für Arbeit hat sie dorthin vermittelt. Franziska sagt klar: „Das ist nicht mein Ding“, gerne würde sie wieder in ihren alten Job zurückkehren. Dass das nicht einfach ist, musste sie bereits feststellen, denn Schichtarbeit kommt für sie nicht in Frage. Die 27-Jährige hat ein achtjähriges Kind, das morgens in die Schule gebracht und nachmittags abgeholt werden muss.
Frühe Schwangerschaften, Drogenkonsum, zerrüttete Familienverhältnisse und psychische Probleme: „Zu uns kommen die schwierigsten Fälle“, sagt Wirth. Oft müssen die jungen Frauen erst lernen, was es heißt, einen geregelten Tagesablauf zu führen. „Morgens pünktlich auf der Arbeit erscheinen, selbstständig einkaufen – es mangelt am Grundsätzlichsten“, berichtet Wirth. Dass die von der Arbeitsagentur verpflichtende Maßnahme trotzdem Spaß machen kann, versuchen Wirth und ihr vierköpfiges Team den Teilnehmerinnen jeden Tag zu zeigen. Motivation schreiben hier alle groß. „Wir müssen mit Herzblut bei der Sache sein“, sagt Wirth.
Dazu gehört auch der Verkauf von selbstgenähten Taschen, die aus alten Schul-Landkarten hergestellt werden. Seit Sommer 2010 läuft die Produktion, inzwischen werden die Karten knapp. Die Idee ist einfach: Schulen, die alte Landkarten nicht mehr benötigen, werfen sie nicht in den Müll, sondern geben sie beim Haßfurter Kolping-Projekt ab. „Wir haben die Taschen auf Märkten verkauft, und sie sind eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt Wirth. Das gibt den jungen Frauen ein Stück Selbstbewusstsein, wenn jemand etwas kauft, das sie hergestellt haben. „Inzwischen gehen uns sogar die Karten langsam aus“, sagt Wirth. Besonders beliebt, und daher schon rar gesät, sind Taschen mit Landkarten aus Franken, Spanien und Italien. Die eigene Heimat und beliebte Urlaubsländer eben. Wirth möchte bald bei der Bundeswehr für Nachschub alter Karten anfragen. „Ladenhüter gibt es auch: Russland zum Beispiel“, fügt Wirth mit einem Augenzwinkern hinzu.
Dass Realität und Wunschdenken weit auseinander liegen können, beweist die 24-jährige Isabell (Name geändert). Die Agentur für Arbeit vermittelte sie im September zum Projekt „Fit for Job“. Die gelernte Hauswirtschaftlerin war schon seit Anfang 2010 ohne Arbeit und hat genaue Vorstellungen, wo sie gerne arbeiten möchte: „Auf keinen Fall will ich den ganzen Tag nähen. Das habe ich hier zwar gelernt und kann ich privat gut nutzen, trotzdem möchte ich wieder als Hauswirtschaftlerin eingestellt werden“, sagt sie und knüpft Bedingungen an einen zukünftigen Job: keine Großküche, kein großes Unternehmen, nicht außerhalb der Region Haßfurt. Am liebsten möchte sie in einer Familie als Hauswirtschafterin arbeiten.
„Fit for Job“-Leiterin Wirth kennt diese Wünsche und zieht ihre Augenbrauen hoch, wenn sie darauf angesprochen wird. „Das hat mit der Realität und den Chancen der jungen Frauen auf dem Arbeitsmarkt oft wenig zu tun“, sagt sie. In Zusammenarbeit mit dem Berufsinformationszentrum (BIZ) der Arbeitsagentur dient die Maßnahme des Kolping-Bildungszentrums dazu, Stärken und Schwächen der Teilnehmerinnen zu erkennen, um so ein Arbeitsprofil zu erstellen. Mit Erfolg: 2010 haben fünf Absolventinnen im Anschluss an die Maßnahme einen Arbeitsplatz bekommen, vier gingen in eine Ausbildung.
Spenden für den Solidaritätsfonds Arbeitslose können eingezahlt werden bei: Liga Würzburg, Kontonummer 3000044, Bankleitzahl 75090300; Dresdner Bank Würzburg, Kontonummer 3234800, Bankleitzahl 79080052; Hypo-Vereinsbank Würzburg, Kontonummer 812200, Bankleitzahl 79020076; Sparkasse Mainfranken Würzburg, Kontonummer 90605, Bankleitzahl 79050000.
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