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Mit Kreativität und Fantasie

Regionaler Studientag zur Seelsorge in den neuen Pfarreiengemeinschaften für die Region Rhön – Bischof Dr. Friedhelm Hofmann für missionarische Pastoral

Volkersberg/Bad Kissingen/Bad Neustadt (POW) Kreativität und Fantasie sind in den neuen Pfarreiengemeinschaften gefragt, um die christliche Botschaft neu zu den Menschen zu bringen. So kann ein zentraler Impuls des vierten und letzten Regionalen Studientags zur Seelsorge in den neuen Pfarreiengemeinschaften im Bistum Würzburg umschrieben werden. Rund 230 haupt- und ehrenamtliche kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld kamen am Samstag, 20. November, auf dem Volkersberg in der Rhön zusammen, um Impulse und Ermutigungen für die Seelsorge in den neuen Pfarreiengemeinschaften zu erhalten. „Denn es gibt sicher eine Zukunft!“ lautete das Motto des Treffens mit den Verantwortlichen der Diözese Würzburg.

Für eine missionarische Pastoral, „die uns nicht ständig überfordert, sondern die Freude an der Weitergabe und Vertiefung des Glaubens weckt“, sprach sich Bischof Dr. Friedhelm Hofmann aus. „Die Pfarreiengemeinschaften haben dienenden Charakter für die Seelsorge und die Glaubensvermittlung vor Ort. Sie dürfen kein strukturelles Skelett bleiben“, sagte er zu den Haupt- und Ehrenamtlichen. Gleichzeitig ermutigte er, zuversichtlich auf neuen Wegen in die Zukunft zu gehen. „Es gibt eine sichere Zukunft. Sie kommt uns letztlich von Gott entgegen.“ Als Schwerpunkte der Seelsorge in den Pfarreiengemeinschaften nannte er das besondere Augenmerk auf Familien, die Feier ansprechender Gottesdienste und die Nutzung der vielfältigen Formen der liturgischen Feiern sowie die gelebte Nächstenliebe „als Gradmesser unserer Glaubwürdigkeit“.

Vor allem die gesellschaftlichen Veränderungen im ländlichen Raum standen im Blick des Rhöner Studientags: Dörfer leiden unter der demografischen Entwicklung und dem Wegzug der Jugend, Familien brechen auch auf dem Land auseinander, die Isolation des Einzelnen nimmt zu. „Die Gesellschaft befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Die Werteordnung ist stark ins Wanken gekommen, beispielsweise beim Lebensschutz und bei der Familie. Kirche gerät zunehmend in die Kritik“, stellte Bischof Hofmann fest. Priester- und Gläubigenmangel machten es schwer, Kirche vor Ort lebendig zu halten. Veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen erschwerten das ehrenamtliche Engagement.

Von einer „Unterjüngung“ sprach Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann. „Es gibt zu wenige Kinder. Im ländlichen Raum wandern junge Menschen ab. Wir brauchen mehr Wertschätzung für Familien und Kinder“, forderte er beim Podium mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Weiter beobachte er den Wunsch vieler Menschen, in der Gesellschaft mitzuwirken, sowie ein zunehmendes Regionalbewusstsein in einer globalisierten Welt, verbunden mit dem Bedürfnis nach Sicherheit, Stabilität und Transparenz. Die Menschen wollten vor Ort eigene Impulse setzen, auch in der Kirche. Bad Neustadts evangelischer Dekan Gerhard Hausmann betonte, Kirche wolle in den Dörfern trotz des Wegzugs von Jugendlichen präsent bleiben. Gleichzeitig müssten die Gemeinden über den Kirchturm hinausblicken. Kirche müsse nahe bei den Menschen sein. „Eine Ökumene der Hoffnung kann uns gemeinsam voranbringen.“

Den Blick auf Langzeitarbeitslose richtete Alexandra Elbert von der ARGE Arbeitsvermittlung in Bad Neustadt. Hartz-IV-Bezieher möchten zur Gesellschaft dazugehören. Bei ihren Klienten beobachte sie Angst vor Versagen und eine Überforderung angesichts des Leistungsdrucks. Bei jugendlichen Arbeitslosen fehlten oft die Vorbilder. Von zunehmend in der Erziehung überforderten Eltern berichtete Siegbert Goll, Jugendamtsleiter im Landratsamt Bad Kissingen. Bei Kindern und Jugendlichen nehme eine neue Qualität von Verhaltensauffälligkeiten zu. Als Beispiel nannte er einen Elfjährigen, der in einer therapeutischen Wohneinheit nicht mehr zu halten sei. Manche Familie wolle mit ihren Problemen nicht auffallen und gerate so in die Isolation.

Mehr Selbstbewusstsein, Optimismus und Lebensfreude riet Landrat Habermann der Kirche. „Kirche braucht optimistische Gesichter und keine therapeutischen Blicke. Sie muss eine klare Orientierung in Alltagsfragen geben. Kirche braucht Veränderungsfreude und Aufbruchsstimmung!“, sagte er unter Applaus der Zuhörer. Kirche ist nach den Worten des Landrats zu sehr angepasst und mit sich selbst beschäftigt. Sie müsse soziale Schieflagen anprangern, wie sie dies bei Siemens in Bad Neustadt getan habe. Dekan Hausmann appellierte, Kirche müsse Anwalt der Schwachen sein. „Der einzelne Mensch muss uns wichtig sein.“ Offenheit bei Neueinstellungen von Menschen mit Lebensbrüchen legte Elbert der Kirche nahe. Nachbarschaftshilfen, die Vernetzung von Jungen und Alten, Angebote für Familien und ein Zugehen auf Zugezogene regte Jugendamtsleiter Goll an.

Kreativität in der Seelsorge ist für den Würzburger Pastoraltheologen Professor Dr. Erich Garhammer Grundkompetenz in Zeiten des Übergangs. „Nur aus dem Mangelbegriff heraus zu argumentieren ist zu wenig. Es geht darum, neue Formen von Seelsorge in den Pfarreiengemeinschaften zu ermöglichen“, unterstrich Garhammer in seinem Referat. Seelsorge umschrieb er dabei als Reich-Gottes-Seelsorge, als Ort des Aufatmens, als ein Mitgehen mit den Menschen und als „Abrüstung“, um die eigenen Begabungen zu entdecken. Seelsorge sei nicht Erhaltung der Institution. Hieraus entwachse Entlastung. Auftrag der Pastoral ist nach den Worten Garhammers die seelsorgliche Grundsicherung, wozu er erreichbare Sonntagsliturgien, die Feier der Sakramente, die Sorge um die Armen und Bedrängten sowie die Bestattung der Toten zählte.

„Nicht alle müssen alles machen. Es ist notwendig, Schwerpunkte in den einzelnen Pfarreien einer Pfarreiengemeinschaft zu setzen und sich mit anderen kirchlichen Orten zu vernetzen“, hob Garhammer hervor. Wichtig in der Seelsorge seien die spirituelle Grundlegung, die diakonische Verausgabung, die ökumenische Selbstverpflichtung, ein kommunikativer Umgangsstil und eine quantitative Bescheidung. Kirche könne heute keinen mehr zu etwas zwingen. Auftrag heute sei es, in Krisen präsent zu sein. „Altes darf abfallen, weil Neues kommen wird und sich schon zeigt.“

In einer abschließenden Runde betonte Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand mit Blick auf das pastorale Handeln im Bistum und in den Pfarreiengemeinschaften, es brauche ein stärkeres Miteinander der einzelnen Gruppen. Dazu sei eine erneuerte Sicht der Ortkirche nötig. Das Konzil habe mit Ortkirche primär nicht die einzelne Pfarrei, sondern das ganze Bistum als Teilkirche gemeint, in dem nicht alles gleichzeitig geschehen müsse. Horizont allen pastoralen Tuns sei das Reich Gottes und nicht einfach der kirchliche Binnenraum. „Glaubensmittel dürfen nicht zur Glaubensmitte werden.“ Nach den Worten Hillenbrands sei das Festlegen von Prioritäten und Posterioritäten ein geistlicher Prozess und dürfe nicht zu einem Verteilungskampf ausarten. Die Frage, wie die Gläubigen in Zukunft mit weniger Geld intensiver Christ sein könnten, müsse bei der Suche nach Schwerpunkten stets maßgebend sein. Generell brauche es als Grundhaltung ein demütiges Sendungsbewusstsein.

Domkapitular Christoph Warmuth, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, legte den Vertretern der Gemeinden nahe, die pastoralen Räume gemeinsam zu nutzen und Fantasie bei der Weitergabe der christlichen Botschaft zu entwickeln. Es gelte, verstärkt hinzuschauen, wo die Menschen zusammenkämen. Zum Beispiel könne eine neue Form der Jugendarbeit an Orten mit Schulzentren organisiert werden. „Es geht nicht darum, sich aus der Fläche zurückzuziehen, aber wir können nicht mehr an jedem Ort alles bieten.“ Den Pfarreiengemeinschaften legte er nahe, eine Kultur der Gastfreundschaft zu entwickeln und offen für Gläubige anderer Gemeinden zu sein. In der Region Rhön sei besonders wichtig, die speziellen Chancen der Kirche im ländlichen Raum zu entdecken. Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbands für die Diözese Würzburg, betonte, es sei wichtig, Caritas und Pastoral stärker miteinander zu vernetzen. Kirchlich-karitative Einrichtungen wie Kindergärten und Sozialstationen könnten Kontaktstellen zur Kirche sein. „Der Grunddienst der Caritas ist für die Kirche Brücke zu den Menschen und für viele Menschen Brücke zur Kirche.“

Ein demütiges Selbstbewusstsein bei den Katholiken forderte schließlich Bischof Hofmann in seinem Schlussstatement. Aufgabe der Kirche sei es, für die Menschen zu wirken. Notwendig sei eine missionarische Pastoral, um den Schatz des Glaubens zu heben. Um Ehrenamtliche zu gewinnen, sei es wichtig, die Aufgaben genau zu umschreiben und zeitlich zu begrenzen. Dankbar sei er für die wertvollen Dienste der Haupt- und Ehrenamtlichen in den Gemeinden: „Sie sind unverzichtbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Aufbau des Reiches Gottes.“

„Es gab viele Ideen, jetzt stellt sich die Frage der Umsetzung vor Ort“, sagte Erich Sauer, Dekan des Dekanats Hammelburg, am Ende des Studientages gegenüber POW. Die Gemeinden seien sehr unterschiedlich. „Es wird sich jetzt zeigen, wie die Ideen vor Ort ankommen. „Sehr viele Impulse und Informationen“ war die Reaktion von Sonja Beer, Dekanatsratsvorsitzende von Rhön-Grabfeld. Es wäre nicht gut, wenn es nur bei diesem Studientag bliebe. Wichtig sei die Umsetzung vor Ort. „Wir werden auf Dekanatsebene mit den Impulsen weiterarbeiten.“ „Sehr ermutigend“ empfand Bad Kissingens Dekan Thomas Keßler vor allem den Vortrag des Pastoraltheologen Garhammer. Wichtig sei jetzt, Inhalte für die Pfarreiengemeinschaften zu entwickeln. „Wir werden von manch Liebgewonnenem Abschied nehmen müssen, um Neues anzugehen – auch wenn das mit Trauerarbeit verbunden ist.“

(4710/1462; E-Mail voraus)

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