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Lebenslange Provokation

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Kiliani-Wallfahrtstag der Orden und Weltmission am Mittwoch, 6. Juli 2011, im Würzburger Kiliansdom

Es waren Ordensleute, Missionare, die uns im siebten Jahrhundert missioniert haben. Es waren und sind zumeist auch heute noch Ordensleute, die in die Welt hinausgehen und Menschen für Christus gewinnen.

Unser Bistum ist mit Orden und Ordensgemeinschaften gesegnet. Wir haben 20 Frauenordensgemeinschaften und drei Saekularinstitute mit insgesamt 80 Niederlassungen in unserem Bistum. Dazu kommen noch Männergemeinschaften, 16 Orden, Kongregationen und Säkularinstitute mit 31 Niederlassungen.

Viele Ordensfrauen und -männer sind auch heute noch weltweit für Christus unterwegs. In vielen Ländern der Erde arbeiten sie als Missionare der Liebe. Sie verzichten nicht nur auf Besitz, Familie und eigene Lebensplanung, sondern sie haben auch ihre Heimat zugunsten ihrer missionarischen und caritativen Arbeit verlassen.

Die Frucht ihres oft jahrzehnte langen Wirkens macht sich schon darin bemerkbar, dass viele Ordensfrauen und Ordensmänner aus den ehemaligen Missionsländern nun zu uns gekommen sind und uns in unserer Pastoral beistehen.

Ordensgemeinschaften – und mögen sie noch so klein sein – sind Glaubensbiotope in einer säkularer werdenden Gesellschaft. Die Menschen stehen staunend und mit Respekt vor solchen Lebensentscheidungen ohne sie im Einzelfall nachvollziehen zu können.

Es ist dieser Ruf in die Ganznachfolge, der einerseits Bewunderung hervorruft, andererseits aber so schwer in unserer Zeit eine Antwort findet. Umso mehr weiß unser Bistum diesen Schatz zu würdigen!

Der Heilige Vater hat im Blick auf die Berufung zum Priestertum und zum geweihten Leben 2009 geschrieben, dass es dabei um ein „Vertrauen in die Initiative Gottes und die menschliche Antwort“ geht .

Es gilt zu verstehen, dass diese Berufung ein großes Geschenk ist, „das sich in den großen Liebes- und Heilsplan einfügt, den Gott für jeden Menschen und für die gesamte Menschheit hat.“ Berufung ist zunächst eine Initiative Gottes. Er berührt das Herz des Menschen. Er hat den Durch- und Überblick.

Kardinal Höffner hat einmal den schönen Vergleich gebracht, dass wir Menschen unser Leben wie einen geknüpften Teppich erleben. Aber – solange wir auf dieser Welt lebten, sähen wir nur die Hinterseite des Teppichs mit all den wirren Fadenenden. Erst wenn wir auf die andere Seite – sprich in das ewige Leben – gelangten, wäre es uns möglich, die Vorderseite des Teppichs mit all den wunderbaren Formen und Farben zu erkennen und zu schätzen.

Der Papst spricht an einer Stelle vom „Flechtwerk der Liebe, (das) aus göttlicher Initiative und menschlicher Antwort (bestehe und) … auch in wunderbarer Weise in der Berufung zum geweihten Leben vorhanden (sei).“

Der große Mönchsvater Augustinus bringt in seiner Schrift „Die Ordnung“ (De ordine) den Vergleich mit dem Mosaikfußboden, auf dem der stehende Mensch nur ein kleines Segment überblickt und den Künstler „wegen der Einteilung und Anordnung seines Werkes tadel(t), weil er in der Vielfalt jenes kleinen Feldes nur Unordnung und Unruhe entdecken wird, den ganzen Plan jedoch nicht übersehen kann, der aus den verschiedenen Steinchen ein passendes Ganzes von einer einzigen bewundernswerten Schönheit schuf.“

Und wenig später erklärt er: „Kommt erst der Geist so zu sich selbst, dann versteht er, worin die Schönheit des Universums liegt, das wahrhaftig seinen Namen von unus, dem Einen, hat.“

Die hier gemachte Voraussetzung, dass die vollkommene Einheit nur im Bereich der Transzendenz Gottes zu finden ist, ließ Augustinus nach seiner Bekehrung Gott als Künstler verstehen, der sozusagen als deus artifex des Kosmos von den Christen angesehen wurde.

Die Künstler haben immer wieder mit großer Begeisterung die Verkündigungsszene des Erzengels Gabriel an die Jungfrau Maria gestaltet.

Dieses Berufungsgeheimnis, diese unglaubliche Herausforderung an die Gottesmutter, führt zur Mitte jeglicher göttlichen Berufung. So sagt auch der Papst in dem schon angesprochenen Wort zum Weltgebetstag der geistlichen Berufe: „Die bedeutsamste menschliche Antwort, voll Vertrauen in die Initiative Gottes, ist das großherzige und vollkommene ‚Amen’ der Jungfrau von Nazareth, das diese mit demütiger und entschiedener Zustimmung zu den Plänen des Allerhöchsten aussprach.“

Dieses „es geschehe nach deinem Wort“ ist nicht nur eine einmalige Herausforderung beim Versprechen des Ordensgelübdes. Es bleibt eine lebenslange Provokation, Gott auch da zu vertrauen, wo man ihn nicht mehr versteht!

„Jetzt ist die Zeit der Gnade“ lautet unser diesjähriges Kilianiwallfahrtsmotto.

Wir schauen auf die Frankenapostel, die in ihrer Zeit hier bei uns Gott mehr gehorcht haben als den eigenen Wünschen und Vorstellungen. Wir schauen auf die Lübecker Märtyrer, die vor wenigen Tagen selig gesprochen wurden. Wir schauen auf unseren neuen Seligen Pfarrer Georg Häfner, der noch im KZ Dachau hoffte, aus dieser schrecklichen Situation befreit zu werden. Sie alle haben in diesen schwierigsten Lebenslagen Gott vertraut und die Antwort auf die Seligpreisungen im Himmel erhofft. Das macht sie für uns so kostbar. Denn damit sind sie Glaubenszeugen, die auch uns anspornen, Gott zu vertrauen und das Ewige Leben als eine zu erwartende Realität mit einzubeziehen.

So richtet auch in dieser Stunde Papst Benedikt den Appell an uns: „Liebe Freunde, werdet nicht mutlos angesichts von Schwierigkeiten und Zweifeln; vertraut auf Gott und folgt Christus treu nach, und ihr werdet Zeugen der Freude sein, die der innigen Vereinigung mit ihm entspringt. In Nachahmung der Jungfrau Maria, die alle Geschlechter selig preisen, weil sie geglaubt hat (vgl. Lk 1,48), bemüht euch mit aller geistlichen Kraft, den Heilsplan des himmlischen Vaters zu verwirklichen, indem ihr wie sie in eurem Herzen die Fähigkeit bewahrt zu stauen und jenen anzubeten, der die Macht hat ‚Großes’ zu tun, denn sein Name ist heilig (vgl. ebd. 1,49)“

Amen.