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„Jetzt ist die Zeit der Gnade“ (vgl. 2 Kor 6,2)

Hirtenwort von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann zur Fastenzeit 2011

Liebe Schwestern und Brüder,

am Beginn der Fastenzeit, dem Aschermittwoch, haben wir das Aschenkreuz empfangen. Die Asche steht für den Tod, und das Kreuz deutet auch auf ihn hin. Aber im Wissen darum, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern durch Christus überwunden wurde, wird das Kreuz für uns auch zum Lebenszeichen. Es ist deshalb bemerkenswert, dass am Aschermittwoch die Lesung mit dem Satz endet: „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung“ (2 Kor 6,2). Der Apostel will uns mit diesen Worten daran erinnern, dass sich unser Glaube in der Gestaltung der Gegenwart bewährt. Er redet nicht der Melancholie das Wort, sondern der gegenwärtigen Chance: „Jetzt ist die Zeit der Gnade“.

Bewusst habe ich diesen Satz über dieses Jahr 2011 gesetzt. Im vergangenen Jahr konnten wir die 164 geplanten Pfarreiengemeinschaften errichten und auf den vier Regionaltagen spirituelle Anstöße zum geistlichen Aufbau unter neuen Vorzeichen geben. Dankenswerterweise haben sich viele Menschen im Bistum aktiv in diesen Prozess eingebracht. Auch haben sich viele Frauen und Männer in die Pfarrgemeinderäte wählen lassen und ihre Bereitschaft zu aktiver Mitarbeit bekundet. Ihnen allen sei dafür von Herzen gedankt!

Aber das vergangene Jahr hat uns auch mit den Aufdeckungen von Skandalen schwer belastet. Die Gefahr einer Lethargie oder Mutlosigkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Gerade deshalb sollte uns das Wort des Apostels Paulus: „Jetzt ist die Zeit der Gnade“ ermutigen, die Chance dieses Jahres auch zu nutzen.

Besonders greifbar wird sie, wenn am 15. Mai 2011 im Sankt Kiliansdom unser Würzburger Pfarrer Georg Häfner selig gesprochen wird. An seinem Leben und Sterben wird deutlich, wie Gottes Gegenwart und Liebe unser Leben – und sei es noch so belastet, dunkel und beschwert – trägt. Es lohnt sich, auf dieses Zeugnis einzugehen.

Pfarrer Georg Häfner steht für Glaubenstreue in einer sehr schweren Zeit.

Er wurde am 19. Oktober 1900 in Würzburg geboren. Seine Ministrantenzeit im Karmelitinnenkloster Himmelspforten hat ihn geprägt. Die dort gelebte Spiritualität, dieser Ort der Sammlung und des Schweigens, war ihm eine große Hilfe auf dem Weg zum Priestertum. Bischof Josef Stangl hatte dieses bei Gott im Gebet Verweilen einmal als Das Daheimsein bei Gott bezeichnet.

Die Priesterweihe empfing Georg Häfner 1924 in der Würzburger Seminarkirche Sankt Michael. Die erste Heilige Messe feierte er im Kloster Himmelspforten. Sein Primizspruch lautete in leichter Abwandlung eines Psalmverses: Mache meinen Wandel standhaft auf deinen Wegen, o Herr, dass meine Tritte nicht wanken (vgl. Ps 17,5). Dieser Bitte folgte er ein Leben lang.

Nach seiner Kaplanszeit in Motten, Goldbach, Mürsbach und Altglashütten wurde er 1934 Pfarrer in Oberschwarzach. Dort wurde sein pastoraler Eifer gerade durch die Nationalsozialisten herausgefordert. Die Verweigerung des Hitler-Grußes hatte für ihn ein Schulverbot zur Folge. Als er einen exkommunizierten Parteigenossen auf dem Sterbebett mit Gott und der Kirche versöhnt hatte, folgte die Verhaftung am 31. Oktober 1941.

Alles für Christus den König! So deutete Georg Häfner seine Leidenszeit, die acht Monate dauern sollte. Die Zwangsarbeit und die im Jahre 1942 zunehmende Unterversorgung führten am 20. August 1942 zum Hungertod.

Die Briefe aus der Haft in Würzburg und dem KZ Dachau geben einen tiefen Einblick in seine Spiritualität. Diese war geprägt von Verständnis, Sorge um seine Pfarrei sowie die Seinen und Bereitschaft zum Martyrium. So schrieb er am 9. Dezember 1941 aus der Haft in Würzburg: „Es ist vom Herrgott bestimmt, dass ich den Kreuzweg weiter gehe. Am Donnerstag komme ich sehr wahrscheinlich nach Dachau.“ Und wenig später im selben Brief: „Keinem Menschen wollen wir fluchen, keinem etwas nachtragen, mit allen wollen wir gut sein.“ Zwei Tage später schrieb er: „Meine Leidenstage opfere ich auf für meine Pfarrei und für die, die lieb und teuer sind.“ Er suchte das Martyrium nicht und hoffte, eines Tages der Hölle von Dachau zu entfliehen. An seine Eltern schrieb er von dort: „Ich schließe euch jeden Tag ein in die heilige Messe und Kommunion. Hoffentlich schenkt mir die Behörde bald die Freiheit…“. Diese Hoffnung schwand jedoch immer mehr.

Die Brutalität, die die inhaftierten Priester in Dachau zu erleiden hatten, schilderte vor kurzem eindringlich der einzige noch lebende deutsche Geistliche aus dem Priesterblock im KZ Dachau, Prälat Hermann Scheipers: Demütigungen, Quälereien, Hunger und ständige Angst waren die Wegbegleiter. Schläge ins Gesicht und Tritte waren keine Seltenheit. Am 12. Juli 1942 schrieb Pfarrer Georg Häfner: „Mit Gottes Hilfe hoffe ich durchzuhalten, gestützt auf das Gebet meiner Lieben und meiner Gemeinde, die ich Tag für Tag in mein Gebet und Opfer einschließe.“ Schließlich führten aber doch schwere Zwangsarbeit und Unterversorgung zum baldigen Hungertod.

Sein Mitbruder, Pater Sales Hess OSB aus der Abtei Münsterschwarzach, hielt in seinem Buch KZ-Dachau, eine Welt ohne Gott fest: „Ich glaubte, beim Nachruf auf Pfarrer Häfner sein Priesterleben nicht besser zeichnen zu können als mit den zwei inhaltsschweren Worten: ‚Sacerdos et hostia’.“ Das heißt: Priester und Opferlamm.

Pfarrer Georg Häfner war ein Priester, dessen Leben Höhen und Tiefen kannte. Drei kurze Worte beschreiben weiter treffend sein Wesen: Einfach – gläubig – konsequent. Können auch wir uns in darin wiederfinden: Einfach – gläubig – konsequent?

Wir dürfen dankbar sein, dass wir Pfarrer Georg Häfner bald als neuen Seligen unseres Bistums Würzburg anrufen dürfen. Gerade im Martyrium machte er deutlich, dass diese schwere Zeit für ihn auch eine Zeit der Gnade war. Hierin ist er uns Vorbild und Ansporn. Denn auch für uns gilt heute das Wort des heiligen Paulus: „Jetzt ist die Zeit der Gnade“. Voll Zuversicht auf Gottes Begleitung dürfen wir mit Gelassenheit und Vertrauen die Probleme dieser Zeit angehen. In Pfarrer Georg Häfner haben wir einen weiteren Fürsprecher im Himmel. Möge sein Glaubenszeugnis im Martyrium zum Samen für neuen Glauben werden und uns in unserem Glaubenszeugnis stärken.

So segne Sie der allmächtige Gott, + der Vater und + der Sohn und + der Heilige Geist. Amen.

Würzburg, am Fest der Darstellung des Herrn, 2. Februar 2011

Dieser Hirtenbrief ist in allen Gottesdiensten am 1. Fastensonntag, den 13. März 2011, einschließlich am Vorabend den Gläubigen durch Verlesen zur Kenntnis zu bringen.