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„Jede Zeit hat ihre Bilder“

Ausstellung „Gegenstück. Spannungsbogen Kunst“ im Museum am Dom spielt mit Kontrasten neuer und alter Kunst – Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen: In den Menschen Fragen wecken

Würzburg (POW) Die Skulptur Robert Höflings zeigt Jesus, drapiert wie eine Modepuppe: ein schwarzer Schleier aus Tüll, ein Rosenkranz aus Plastik, ein entgeisterter Gesichtsausdruck. Daneben eine Jesusfigur mit dem Titel „Salvador Mundi“, die um 1700 entstand. Kontraste und Gemeinsamkeiten zeitgenössischer und historischer Kunst sind das Thema der Ausstellung „Gegenstück. Spannungsbogen Kunst“ vom 11. März bis zum 7. Mai im Museum am Dom in Würzburg. „Das Gegenüber von neuer und alter Kunst bestimmt seit der Eröffnung die inhaltliche Konzeption und das besondere Erscheinungsbild des Museums“, sagte Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Kunstreferent der Diözese Würzburg, bei einem Presserundgang am Freitag, 10. März. Es ist die letzte Ausstellung, die Lenssen begleitet. Er geht zum 31. Mai in den Ruhestand. „Die Ausstellung ist ein Resümee, ein Abschied“, sagte Lenssen.

Mit dieser Ausstellung wolle man den Besuchern vor Augen führen, was das Museum am Dom ausmache. Die Gegenüberstellung von Kunstobjekten sei das Erkennungsmerkmal des Museums, sagte Lenssen. „Jede Zeit hat ihre Bilder. Das heißt auch, dass Bilder verschiedener Stilepochen heute oft nicht mehr erkannt werden. Wir sehen oft gar nicht die Brisanz, auf die die Bilder abzielen. Gerade das Gegenüber lässt erkennen, dass alles, was uns gegenübersteht, einem Wandel unterzogen ist, der jeweiligen Lebens- und Gottessicht.“

Der Terror der Nationalsozialisten beispielsweise sei durch verquere Bilder von Rassenideologien und Hierarchien entstanden. „Bilder sind gefährlich. Zum Beispiel Eigenbilder, die Selbstüberschätzung der eigenen Wertigkeit. Das geschieht, wenn man Bilder absolut setzt und dabei Wirklichkeit und Wahrheit ausschaltet. Bilder sind aber auch wie Krücken“, sagte Lenssen. „Stigmata“ von Sebastian Hertrich (2012) zeigt Jesus rauchend, eine Hand verschwindet in der Hosentasche, mit Wundmalen auf Bauch und Armen, die er sich selbst zugefügt hat. „Er scheitert an sich selbst und will sich selbst verletzen. Die Stigmata dienen hier dazu, sich der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden.“ Eingefasst ist das Werk in einem verschnörkelten Rahmen aus Plexiglas. Über der Jesusfigur ist im Rahmen ein Spiegel eingefasst. „Über ihm ist nicht der Tod. Nein, da ist ein Spiegel. Er sieht sich selbst. Der Mensch verwundet sich selbst, schadet sich oft selbst bewusst, um seine Grenzen zu erfahren“, sagte Lenssen.

Ein Identifikationsbild für die Menschen, die in ihrem Leben Leid erfahren, sei im Gegensatz zu „Stigmata“ die Plastik „Schmerzensmann“, entstanden um 1480. „Man sieht sich in Jesus selbst. Er ist gezeichnet von seinen Wundmalen. Die Skulptur ist ein Spiegelbild des Leids.“

Auch die Kreuzigung Jesu sei im Laufe der Zeit auf verschiedene Art und Weise dargestellt worden. „Die an der Kreuzigung Beteiligten“ von Johannes Grützke aus dem Jahr 2015 lege das Augenmerk nur auf die Menschen, die an der Kreuzigung beteiligt seien, sagte Lenssen. Es gebe genug Kreuzigungen von Menschen. Das Gemälde zeige, wie sich Menschen in ihrer Verbissenheit selbst verachten. Auch die „Gefangennahme Jesu“ zeige menschliche Abgründe auf. „Das Augenmerk liegt hier auf dem Blutrausch. Aber immer stellen die Gemälde Jesus dar“, sagte Lenssen.

„In den vielen Gegenüberstellungen ist immer dieses Grundprinzip verfolgt worden, das von Anfang an das Konzept des Museums war. Es ist keine rein formale Gegenüberstellung. Es ist vornehmlich eine inhaltliche Gegenüberstellung“, betonte Lenssen. Dieses Konzept überzeuge die Museumsbesucher. „Sie empfinden die Werke als Erfahrung ihrer selbst, sie erkennen, dass es um sie selbst geht“, sagte Lenssen. Aus der Frage „Warum hängt dieses Werk dort an der Wand?“ könnten weitere Fragen geboren werden. „In einer Welt, in der Fragen unbequem geworden sind, ist es nicht die Aufgabe eines Museums, einen Schöpfungsgeist zu entdecken oder wertvolle Dinge zu präsentieren, sondern in den Menschen Fragen zu wecken und den Weg zu Antworten zu ebnen“, sagte Lenssen.

Die Ausstellung „ Gegenstück. Spannungsbogen Kunst“ ist vom 11. März bis 7. Mai jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr im Museum am Dom in Würzburg zu sehen. Weitere Informationen auf der Internetseite www.museum-am-dom.de.

bw (POW)

(1117/0297; E-Mail voraus)

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