Würzburg (POW) Brauner Poncho, roter Rock und drall geflochtene schwarze Zöpfe: In der peruanischen Keramik-Krippe sitzt Maria in landestypischer Tracht beim Christuskind. Neben ihr steht Josef, ebenfalls mit weitem Poncho und Sandalen an den Füßen, auf seinen Schultern ein junges Schaf. Im Würzburger Weltladen ist das kein ungewöhnlicher Anblick. Ob aus Sri Lanka, Peru oder Tansania – ob aus Holz, Keramik oder Filz: Die Tische im Obergeschoss des Weltladens sind dicht besetzt mit Marias und Josefs in den verschiedensten Größen, Hautfarben und Bekleidungen. „Da findet man anstelle des Kamels auch schon mal ein Lama vor dem Stall“, sagt Maria Sauter, Bildungsreferentin im Weltladen und zuständig für den Wareneinkauf. Die Krippen sind seit Jahren das Herzstück des „Weihnachts-Weltmarkts“. „Von Glühwein über Weihnachtskaffee und Gewürze bis hin zum Schokoladen-Nikolaus – wohlgemerkt kein Weihnachtsmann – haben wir viele Dinge zu bieten, die sich unsere Kunden in der Vorweihnachtszeit wünschen“, sagt Sauter. „Alles natürlich aus Fairem Handel.“
Das ist das Prinzip des seit 1977 bestehenden Würzburger Weltladens. Das Sortiment in den Regalen stammt von gesellschaftlich benachteiligten Kleinproduzenten aus Afrika, Asien und Lateinamerika sowie von Landwirten der Region, die ökologisch erzeugte Lebensmittel produzieren. Die internationalen Waren werden von Organisationen des Fairen Handels wie der „Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt (GEPA)“ oder „el puente“ importiert. Durch die Zahlung eines fairen Mindestpreises, der gegenüber dem Supermarktpreis noch einen Entwicklungsaufschlag beinhaltet, können die Produzenten in ihrer Heimat eine eigene Existenz aufbauen. „Langfristige Lieferverträge gewährleisten den Menschen vor Ort, sich aus Armut und Abhängigkeit zu befreien“, sagt Bildungsreferentin Sauter. Das Weltladenteam mit vier hauptamtlichen und über 50 ehrenamtlichen Mitarbeitern möchte zeigen, wie eine gerechte, menschliche und ökologische Wirtschaftsweise aussehen kann. Dieses Ziel lässt sich am Beispiel des in der Adventszeit beliebten Schokoladen-Nikolauses verdeutlichen.
Wesentlicher Bestandteil von Schokolade ist Kakao. Dieser wird aus den Bohnen des Kakaobaumes gewonnen, vor allem in den warmen und regenreichen Gebieten Südamerikas, Afrikas und Asiens. Der Supermarkt-Schokoladenpreis erklärt sich in vielen Fällen durch die Arbeitsbedingungen der einheimischen Kakaobauern: geringe Löhne, hohes Arbeitspensum, mangelnder Gefahrenschutz. Viele verdienen so wenig, dass ihre Kinder anstelle zur Schule mit auf die Plantage müssen, um Geld für Nahrungsmittel zu verdienen. Allerdings keine Schokolade, die ist viel zu teuer. Beim Fairen Handel hingegen schließen sich mehrere Bauern oft zu Kooperativen zusammen und vermarkten ihre Kakaoprodukte gemeinsam. Die GEPA oder vergleichbare Importeure kaufen die Produkte von den kleinbürgerlichen Betrieben zu gerechten Preisen, sofern die Kooperativen für faire Arbeits- und nachhaltige Produktionsbedingungen sorgen. Nach der Weiterverarbeitung gelangen die Produkte – auch der Schokoladen-Nikolaus mit Stab, Mitra und dem Siegel des Fairen Handels – in die Regale der Weltläden.
Das Geschäft in der Würzburger Innenstadt ist neben Verkaufsort gleichzeitig auch Lernort. Kunst-ausstellungen und Kulturprogramm gehören genauso zum Angebot wie Informationsveranstaltungen und Vorträge. „Wir sprechen mit Interessierten über Fairen Handel und zeigen auf, wie sich die Globalisierung auf die Menschen in den südlichen Ländern auswirkt“, sagt Thomas Mitschke, ebenfalls Bildungsreferent im Weltladen. „Das ganze Jahr über kommen regelmäßig auch Schüler- und Firmgruppen in unseren Laden.“ An leichtverständlichen Beispielen wie dem der Kakao-Kooperativen erfahren die Jungen und Mädchen, unter welchen Umständen ihre geliebte Schokolade überhaupt hergestellt wird und was man unternehmen kann, damit die Kleinbauern in den Anbaugebieten ein Leben ohne Armut führen und sich ab und zu auch selbst etwas Schokolade leisten können.
Der Weltladen in der Würzburger Innenstadt, Plattnerstraße 14, hat Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 16 Uhr (an den Adventssamstagen bis 18 Uhr) geöffnet.
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