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Doppelausstellung „Melodia Apocalittica“ in Sankt Johanniskirche und Museum am Dom zeigt Werke von Thomas Lange und Mutsuo Hirano – Konzert am 3. Juli

Würzburg (POW) Blumen, die sich bei genauerem Hinsehen als hässliche Monsterfratzen erweisen, Dürerzitate kombiniert mit dem Bildnis eines Cowboys auf dem Pferd: Es ist mehr hinter den Dingen zu entdecken als der erste Blick preisgibt. Das ist eine der Erkenntnisse, die der Betrachter der Doppelausstellung „Melodia Apocalittica“ mit nach Hause nimmt. Im Rahmen des Projekts „Endspiel – Würzburger Apokalypse 2010“ sind von 6. Juli bis 12. September Werke von Thomas Lange und Mutsuo Hirano in der evangelischen Sankt Johanniskirche und im Museum am Dom in Würzburg zu sehen.

Als roter Faden zieht sich das Vorbild von Albrecht Dürer durch die Doppelausstellung. Zwischen 1496 und 1498 schuf er, erfasst von der visionären Kraft und der Sprache des Johannes, 15 Holzschnitte zu Szenen aus der Offenbarung des Johannes. Thomas Lange, Jahrgang 1957, dessen Darstellungen von Evangelienszenen das renovierte Neumünster zieren, hat sich davon gleich mehrfach inspirieren lassen. In der vom Backsteinmauerwerk geprägten Sankt Johanniskirche bilden 15 Gemälde der Serie „Melodia Apocalittica“ von Lange einen beeindruckenden Blickfang. „Ein gutes Bild hat etwas mit guter Musik gemeinsam: So wie ich beim Anhören von Mahlers Neunter eine so akustisch nicht wahrnehmbare göttliche Musik im Bauch höre, so entdecke ich bei einem ansprechenden Bild auch das Bild, das sich dahinter verbirgt“, sagte Lange bei einer Presseführung durch die Ausstellung am Donnerstag, 1. Juli.

„Es ist in unserer Gemeinde Tradition, im Sommer zeitgenössische Werke zu zeigen und mit biblischen Texten in Verbindung zu bringen. Jeweils sonntags um 9.30 und um 11 Uhr wird im Juli zu einem Kunstwerk gepredigt“, sagte Pfarrerin Susanne Wildfeuer. Das Thema Apokalypse biete sich nicht nur wegen des Projekts „Endspiel“ an, erläuterte Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Bau- und Kunstreferent der Diözese Würzburg. Es sei in der Sankt Johanniskirche auch durch die große Holzskulptur mit dem Motiv des wiederkehrenden Christus grundgelegt.

Nach Lenssens Worten ist auch das Konzert am Samstag, 3. Juli, das sich an die Vernissage um 21 Uhr anschließt, deutliches Signal, dass die Kunst, auch wenn sie unterschiedliche Ausdrucksformen habe, eine Einheit bilde. „Ich habe insgesamt sieben Szenen vertont“, erläuterte Christian Kabitz sein Werk „Und ich sah einen neuen Himmel“, das um 22.30 Uhr aufgeführt wird und an dem zwei Chöre und vier Instrumentalisten sowie ein Sprecher mitwirken. Die Zuhörer erwarte ein „relativ fettes Teil“ mit „spacigen Klängen“, an denen unter anderem die Kirchenorgel, acht Synthesizer und 40 verschiedene Percussioninstrumente beteiligt sind. Gerade bei einer musikalischen Umsetzung der Offenbarung müsse auch die Musik visionär sein, „das gilt auch für die Klänge“, betonte Kabitz. Mittels Scheinwerfer solle jeweils das Lange-Werk angestrahlt werden, auf das sich die Musik jeweils beziehe.

In monumentaler Größe von 3 Meter auf 2,50 Meter treffen 15 farbkräftige Werke Langes zum gleichen Thema den Betrachter im Untergeschoss des Museums am Dom. Ihnen beigesellt sind ebenso viele Zeichnungen im Format 60 auf 45 Zentimeter, die zeigen, wie sich Lange jeweils dem Motiv angenähert hat, indem er zunächst freihändig Dürers Holzschnitte nachzeichnete. Als Verfremdungseffekt taucht neben zeitgenössischen Darstellungsformen auch immer wieder das Gesicht eines „Zeugen“ in den Gemälden auf. „Damit wird der Betrachter in dem Gemälde repräsentiert, das Bild bekommt eine zweite Ebene“, erläuterte Lange.

Eher still und zurückhaltend wirken im Kontrast zu Langes Schaffen die Zeichnungen und Terracotta-Arbeiten von Mutsuo Hirano. Wie Lange lebt und arbeitet der 1952 geborene Japaner mit deutschem Pass überwiegend in Italien. Die im Museum am Dom ausgestellten Zeichnungen entstanden, als Hirano im Krankenhaus lag und zeichnerisch seine persönliche Apokalypse-Erfahrung aufarbeitete. Die Terracotta-Arbeiten nehmen explizit Bezug auf die Dürer Holzschnitte: Mal hat Hirano fast nahezu die gesamte Vorlage in Reliefform umgesetzt, mal komponiert er wenige kleine Details wie das Lamm und die Symbolfiguren der vier Evangelisten zu einem Kubus. Wie Hirano betont, hat er sich für die Terracotta-Umsetzung aber nicht allein von der Dürer-Vorlage inspirieren lassen. „Wie Thomas Lange habe ich erst die Bibel gelesen, dann die verschiedenen Interpretationen.“ Beide Künstler passten mit ihren Werken hervorragend in das Gesamtkonzept des Museums am Dom, das sich den grundlegenden Fragen des „Woher? Wohin?“ stelle, betonte Lenssen: „Immer wird deutlich: Hier und heute scheint schon eine andere Welt durch, so wie in jedem Akt der Barmherzigkeit schon ein Stück Himmel vorweggenommen wird.“

Nähere Informationen im Internet unter www.endspiel2010.de.

(2710/0857; E-Mail voraus)

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