Würzburg (POW) Beim Begriff Projektmanagement denken viele Menschen zunächst an große Unternehmen, die ihre Effizienz steigern wollen. Projektmanagement in der Kirche klingt für viele erst einmal widersprüchlich. Das ist es aber nicht. Im Bistum Würzburg wurde bereits 2017 ein Projektmanagementbüro oder „Projekt Management Office“ (PMO) eingerichtet. Mittlerweile bietet das PMO viele unterschiedliche Dienstleistungen an, von Informationsveranstaltungen und Schulungen bis hin zur Einzelberatung und Projektbegleitung. Die Resonanz sei durchweg positiv, ist die Erfahrung von Christiane Klein, für das PMO zuständige Mitarbeiterin der Abteilung Informationsmanagement. „Es ist eine gute Herangehensweise für Projekte aller Art“, bestätigt Dorothea Weitz, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) des Bischöflichen Ordinariats.
Das Jubiläum „50 Jahre Mitbestimmung“ der MAV, das im Juli 2020 gefeiert werden soll, steckt bereits mitten in den Vorbereitungen. „Ich arbeite gerne strukturiert und wir wollten einen guten Weg finden, um dieses Projekt vorzubereiten“, erklärt Weitz ihre Motivation, an der Schulung „Projekte richtig steuern“ teilzunehmen. Im Seminar habe sie erfahren, wie man einen Projekt-Fahrplan aufstellt und die einzelnen Rollen verteilt. „Es ist hilfreich, ein Projekt zu strukturieren und immer wieder Zwischenschritte zu machen“, sagt sie. Mittlerweile hätten rund ein Dutzend MAV-Mitarbeiter das Seminar absolviert. Derzeit werde mit Unterstützung von Klein der Projektplan erstellt. „Wir stehen sozusagen in den Startlöchern.“
Gerald Düchs wiederum, Leiter der Abteilung Tagungshäuser der Diözese, wollte in der Schulung „meine bestehenden Kenntnisse über Projektmanagement auffrischen“. Die Abteilung startete Ende 2017 ein Großprojekt – die Einführung einer gemeinsamen Buchungssoftware für alle Tagungshäuser. „Danach soll es zum Beispiel möglich sein, dass ein Gast einfach, schnell und direkt über die Homepage eines Tagungshauses eine Belegung buchen kann.“ Auch für die Mitarbeiter soll sich durch die neue Software der tägliche Verwaltungsablauf vereinfachen, erklärt Düchs. Im Kurs „Projekte richtig steuern“ sei ihm deutlich geworden, dass hinter dem Begriff Projektmanagement wesentlich mehr stecke als gedacht. „Mir war nicht klar, dass dieses Thema eine solche Tiefe hat. Beispielsweise, dass ein Projekt sauber in Phasen eingeteilt werden muss, oder dass auch die Risikoanalyse und -bewertung dazugehören.“
In der Schulung habe er unter anderem gelernt, wie man mit Hilfe des sogenannten Gantt-Diagramms die zeitliche Abfolge von Aufgaben und Ereignissen gliedern könne, sagt Florian Rubenberger, Referent bei der Internetplattform www.intakt.info. „Man behält den Überblick und weiß, bis wann man welche Ergebnisse erreichen muss.“ Das Team arbeitet derzeit am Relaunch des Angebots für Eltern von Kindern mit Behinderung. „Das ist eine Riesenaufgabe.“ Insgesamt soll die Plattform multimedialer und interaktiver werden. Geplant sind unter anderem Erklärvideos, ein modernes Forum, auf dem sich die Eltern anonym austauschen können, und eine App, mit der man das Angebot auch auf dem Tablet oder Smartphone nutzen kann. In Interviews sollen Eltern von ihren Erfahrungen berichten, etwa bei der Suche nach dem passenden Kindergarten. „Wir wollen den Erfahrungsschatz der Eltern festhalten. Schließlich sind sie Experten in eigener Sache.“ Es habe zwar schon zwei Relaunches von intakt.info gegeben, doch seien diese nicht dokumentiert, sagt Rubenberger. Auch hier hätte man nach Aussage von Klein von einem professionellen Projektmanagement, bei dem das Festhalten von Ergebnissen und Erfahrungen eine wichtige Rolle spielt, profitieren können.
„Jeder Mitarbeiter des Bischöflichen Ordinariats hat es in seiner täglichen Arbeit mit Aufgaben zu tun, die regelmäßig wiederkehren. Die einzelnen Arbeitsschritte sind bekannt und laufen nach einem festen Schema ab“, erklärt Klein. Doch es gebe auch immer wieder Vorhaben, die einmalig seien, deren Ziele erst bestimmt werden müssten und bei denen man nur bedingt auf Erfahrungen zurückgreifen könne: „Dabei handelt es sich um Projekte.“ Derzeit werden im PMO zwölf größere Projekte betreut. Darüber hinaus gebe es noch eine Vielzahl von kleineren Projekten. „Bei einem Projekt werden neue Pfade außerhalb der etablierten Abläufe beschritten. Je nachdem, welche Ziele ich mir vornehme und welche Ergebnisse ich erreichen will, werden die Kosten, aber auch der spätere Nutzen schnell zementiert“, erklärt Klein. Die Werkzeuge des Projektmanagements helfen dabei, Risiken zu ermitteln und möglichst zu verhindern. „Eine bewusste Planung schafft Klarheit und zeigt, was realistisch möglich ist.“
Ein weiterer wichtiger Punkt ist laut Klein, dass in einem Projektteam oft Mitarbeiter und Experten aus verschiedenen Bereichen intensiv zusammenarbeiten müssen, die vorher keinen Kontakt miteinander hatten. Ein gelungenes Projektmanagement schaffe durch einheitliche Verfahren und Methoden Klarheit, regele die Verantwortung und erleichtere die Arbeit. Durch den regelmäßigen Austausch verbessere sich die Kommunikation innerhalb des Projektteams, eine projektbezogene Ressourcenplanung wirke zudem der Überlastung der Teammitglieder entgegen. Die regelmäßige Projektkontrolle trage dazu bei, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. „Erfolgreiche Projekte sind sorgfältig geplant, werden aktiv gesteuert und folgen einem geordneten Verlauf“, fasst Klein das Prinzip zusammen.
Der Anstoß für ein Projektmanagementbüro sei von Generalvikar Thomas Keßler und dem ehemaligen Kanzler der Kurie Professor Dr. Johannes Merz gekommen: „Unsere Ressourcen sind begrenzt und unser Anspruch muss sein, mit diesen begrenzten Mitteln unsere Anliegen so weit und so wirksam wie möglich zu verfolgen und zu erreichen. Effizienz darf dabei kein Fremdwort sein, und Projektmanagement ist Voraussetzung für effizientes und effektives Handeln in Projekten.“ 2017 wurde erstmals die Grundlagenschulung „Projekte richtig steuern“ für Führungskräfte und für Projekte verantwortliche Mitarbeiter angeboten. Seitdem wurde das Angebot stetig ausgeweitet. In Zusammenarbeit mit dem Fortbildungsinstitut (fbi) der Diözese gibt es nun auch eine Aufbauschulung „Projektmanagement-Werkzeuge“ sowie Informationsveranstaltungen. Darüber hinaus bietet das PMO unter anderem die Begleitung von Projekten an und stellt Werkzeugmodelle zur Verfügung. Insgesamt 48 Mitarbeiter haben bislang die Grundlagenschulung „Projekte richtig steuern“ absolviert. Nicht nur Führungskräfte, auch Mitarbeiter, die ein Team führen oder ein Projekt verantworten, profitieren von der Schulung, ist Weitz überzeugt.
Besonders hilfreich war für Düchs der Praxisbezug des Seminars. „Dadurch, dass auch die konkreten Beispiele aus den laufenden Projekten der Schulungsteilnehmer eingeflossen sind, war ein Transfer in die Praxis nach Ablauf der Schulung sofort möglich.“ Sehr hilfreich sei auch die Begleitung des Projekts durch Klein gewesen. „Sie war seit dem ersten Treffen mit dabei.“ Mittlerweile habe das Projekt die Umsetzungsphase erreicht. „Das erste Haus steht kurz davor, die neue Software zu starten. Im Laufe des Jahres sollen möglichst viele Tagungshäuser umgestellt werden.“ Für Rubenberger war die „Interessens-Eigner-Analyse“ besonders hilfreich. „Man analysiert, wer alles direkt oder indirekt mit dem Projekt zu tun hat. Dadurch kann man Personen und Gruppen identifizieren, die das Projekt potenziell unterstützen“, erklärt er. „Man meint, man hätte alle potenziellen Unterstützer angefragt. Aber wir kamen auf sehr viele Leute, an die ich sonst gar nicht gedacht hätte.“
„Es war sehr wichtig, sich zu Beginn des Projekts ausführlich über die Ziele, Risiken und die Aufbauorganisation beziehungsweise Rollenverteilung des Projekts Gedanken zu machen und diese Überlegungen im Projektauftrag zu fixieren“, sagt Düchs rückblickend. „Immer dann, wenn es sich um ein größeres Projekt handelt, das heißt mehrere Hauptabteilungen betroffen sind, der Sachverhalt komplex und strategisch wichtig ist, empfiehlt es sich, die Instrumente des Projektmanagements zu nutzen.“
sti (POW)
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