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„Es geht um die Liebe“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Gründonnerstag, 28. März 2013, bei der heiligen Messe vom Letzten Abendmahl im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

das Gedächtnis des Menschen reicht in unauslotbare Tiefen. Wir sprechen vom Langzeitgedächtnis, vom Tiefengedächtnis, vom Kollektivgedächtnis, von der in unser Gedächtnis eingegrabenen Erinnerung. Unsere Lebenserfahrungen, die sich uns unauslöschlich eingeschrieben haben, verbinden sich mit dem Generationengedächtnis, das frühere Erlebnisse in unser Bewusstsein einspeist.

Wen wundert es, dass schon immer die Erfahrungen und Erinnerungen der Menschen weitergegeben und schließlich auch in uns einen Erinnerungsort gefunden haben? Ereignisse wie die Sintflut, Eiszeiten und große weltbewegende Vorfälle (wie Weltkriege) prägen nicht nur Generationen, sondern die Menschheit.

Ein solches Ereignis ist der Auszug des Volkes Israel aus der Knechtschaft Ägyptens. Durch den von seinen Brüdern nach Ägypten verkauften Josef kam das Volk Israel über einen längeren Zeitraum in die dortige Sklaverei. Das zentrale Ereignis ist schließlich seine Befreiung durch Gott. Über Moses führt Gott sein Volk aus der Gefangenschaft in das Gelobte Land. Dies hat sich unauslöschlich in das Gedächtnis des Volkes eingeprägt. Jedes Jahr wird dieses Fest nun als ein uraltes Hirtenfest – zusammen mit dem geopferten Lamm und dem ungesäuerten Brot – also mit ganz konkret geforderten Zeichen, gefeiert. Das Besondere bei dieser Gedächtnisfeier ist, dass die feiernde Gemeinde sich nicht nur an das großartige Geschehene zurück erinnert, sondern in und mit der Feier sich in den gegenwärtigen Schutz Gottes stellt.

Jede Generation, die sich hier trifft, um an diesem Erinnerungsfest teilzunehmen, begibt sich nicht nur in eine rituelle Feier, sondern in die lebendige Begegnung mit Gott. So wie Gott damals das auserwählte Volk aus der Sklaverei in Ägypten in das verheißene Land führte, so ist Gott der Gemeinde auch jetzt nahe. Sein damaliges Heilswirken fließt in diese feiernde Stunde. Seine Rettungstat zieht sich in die Gegenwart.

Dieses Bewusstsein hatten auch die Apostel, als sie mit Jesus das Abendmahl feierten. Seine bis in unsere Gegenwart wirkmächtigen Worte „Das ist mein Fleisch“, „Das ist mein Blut“ sind nicht nur im und für den Abendmahlssaal gesprochen, sondern entfalten ihre Wirksamkeit aus dem Abendmahlssaal hinaus immer dann, wenn sie im Auftrag und in der Vollmacht Jesu zu seinem Gedächtnis in der heiligen Messe gesprochen werden. Das ist ja das Großartige: Wir halten nicht nur eine Erinnerungsfeier an das Geschehen im Abendmahlssaal wach, wir ‚spielen’ auch nicht das Abendmahl nach, sondern es vollzieht sich das damalige Geschehen unter uns. Der einmalige Kreuzestod Jesu, den er freiwillig aus Liebe zu uns auf sich nahm, zieht sich schon damals in das Abendmahlsgeschehen hinein und vergegenwärtigt sich auch heute in jeder heiligen Messe.

Liebe Schwestern und Brüder,

Jesus hat seine Apostel auf das schwer zu verstehende Leiden vorbereitet. Er hat immer wieder davon gesprochen, dass er in Jerusalem leiden und sterben werde. Aber die Apostel wollten es eigentlich nicht hören und erst recht nicht zur Kenntnis nehmen. In dem Sinne ‚Was nicht sein kann, das nicht sein darf’ verdrängten sie es – bis in den Abendmahlssaal hinein.

Überdeutlich hat Jesus ihnen durch die Fußwaschung gezeigt, dass er vom Vater her zum Dienen und nicht zum Herrschen gesandt wurde. Die Fußwaschung ist heute nur ein Zeichen dafür. Aber spricht diese handfeste Geste nicht immer noch? Wenn heute der Heilige Vater, Papst Franziskus, in Rom jungen Inhaftierten im Gefängnis die Füße wäscht, dann wird dies schon weltweit zur Kenntnis genommen!

Die Fußwaschung innerhalb dieser Liturgie macht überdeutlich, worum es dem Herrn in der Einsetzung seines Altarssakramentes geht: Um die Liebe. Wir sollen einander liebend beistehen, denn wo die Liebe ist, da ist Gott!

Wo immer wir einander mit offenem, liebendem Blick begegnen, ist Gott gegenwärtig. Seine bleibende Gegenwart in dieser Welt bleibt bis zu seiner Wiederkunft nicht nur in den eucharistischen Gestalten, sondern auch in der Verkündigung seines Wortes und – in der tätigen Liebe. Lassen wir uns von ihm berühren und in Liebe entflammen.

Amen.