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Einfach näher dran

Kaplan Norbert Becker: Facebook wichtiges Werkzeug für die Seelsorge

Hofheim/Elsenfeld (POW) Für Jugendliche ist es fester Bestandteil ihres Alltags: das soziale Netzwerk Facebook. Kaplan Norbert Becker aus der Pfarreiengemeinschaft Hofheim ist dort ebenfalls regelmäßig unterwegs. Für seine Zweite Dienstprüfung hat der 28-jährige Elsenfelder die pastoralen Chancen und Grenzen des Mediums in einer wissenschaftlichen Arbeit untersucht. „Auf die Idee, mich mit dem Thema ausführlich zu beschäftigen, bin ich in den Sommerferien gekommen“, berichtet Becker.

Als er selbst im Urlaub war, habe ihm damals ein Schüler in dem Netzwerk geschrieben, dass es ihm nicht gut gehe. Auf eine Nachfrage hin habe ihm dieser dann mitgeteilt, dass seine Mutter gestorben sei. „Ich habe ihn dann persönlich aufgesucht.“ Etwas auf Facebook mitzubekommen sei das eine, aber wichtig sei und bleibe in jedem Falle der direkte Kontakt, weiß der Seelsorger. Ähnlich sei das auch im Falle eines Mädchens gewesen, das in dem Netzwerk geschrieben habe, es müsse „mal raus und Luft schnappen“. „Da ging es um eine schlechte Diagnose vom Arzt“, weiß Becker aus dem Gespräch, zu dem er sich auf diese Nachricht hin mit der jungen Frau traf und sie seither seelsorgerisch begleitet. „Auf Facebook sprechen die jungen Leute auch Sachen an, die sie in Anwesenheit ihrer Klassenkameraden oder Eltern so womöglich nicht thematisieren würden.“

Becker betont, dass er sich den Jugendlichen nicht aufdrängt. „Ich selbst stelle keine Facebook-Freundschaftsanfragen.“ Dennoch zählt er auf dieser Plattform knapp 1000 Freunde. Gleichzeitig ist er sich bewusst: Ohne persönlichen Kontakt vorher, in der realen Welt, sei es illusorisch, in der virtuellen Wirklichkeit mit jungen Leuten über Lebens- und Glaubensfragen ins Gespräch zu kommen. Und manchmal, berichtet Becker, seien gerade auf Facebook eher vergleichsweise weltliche Themen wie der FC Bayern München, für den Becker leidenschaftlich schwärmt, ein Anlass für einen Dialog, aus dem auch tiefere Gespräche entstehen.

Überhaupt sei es das A und O, auch in diesem Medium authentisch und glaubwürdig zu sein. Deswegen trenne er auch nicht zwischen einem dienstlichen und einem privaten Profil. „Auch oder gerade als Priester will ich immer der gleiche Norbert Becker sein. Ich poste auf Facebook meine authentischen Ansichten.“ Als seinerzeit Osama bin Laden von den Amerikanern getötet wurde, habe er daher dem allgemeinen Jubel widersprochen und darauf hingewiesen, dass die Menschenwürde für jeden gelte, ein Kopfschuss aber entwürdigend sei. Am nächsten Tag hätten ihn zwei Schüler nach dem Unterricht auf seinen Kommentar in Facebook angesprochen, berichtet Becker. „Ohne Facebook wäre diese Diskussion sicher nicht zustande gekommen.“

Auch andere Dialoge entspinnen sich im Internet offensichtlich leichter als im realen Leben. „Am späten Abend schrieben mich – vermutlich alkoholisierte – Schüler und Schülerinnen auf Facebook an und fragten, ob ich auf ein Bier vorbeikäme. Dabei duzten sie mich und versuchten mich, ihren Religionslehrer, mit vulgären Äußerungen zu provozieren.“ Bei der nächsten Begegnung in der Schule sei das Thema aber aufgearbeitet worden.

Insgesamt, so lautet Beckers Fazit, ist Facebook ein wichtiges Medium, wenn es darum geht, mit Jugendlichen in Kontakt zu bleiben. „Zum einen sind viele Jugendliche heute über die klassische E-Mail kaum mehr zu erreichen. Zum anderen bekomme ich schnell mit, was los ist, und kann unkompliziert viele Menschen zugleich ansprechen und diese zum Beispiel für eine Veranstaltung einladen.“ Im Zuge der Firmvorbereitung habe er über Facebook zum Beispiel die Schüler der neunten Klasse angeschrieben. Eine Schülerin habe sich daraufhin bei ihm gemeldet und gesagt, dass Kirche bei ihr kein Thema sei. Auf Beckers Nachfrage, ob Gott für sie eine Rolle spiele, habe sich ein tiefgründiges Gespräch zum Thema Glauben ergeben.

Dass die Jugendlichen Bedarf nach kirchlicher Präsenz auch auf Facebook haben, weiß Becker aus dem eigenen Erleben. „Gerade abends kann ich kaum auf diese Seite surfen, ohne dass gleich ein paar Fenster mit Chat-Anfragen aufgehen. Deswegen muss ich mir, wenn viel Schreibtischarbeit ansteht, schon gut überlegen, ob ich gerade online gehen kann.“ Lohnenswert sei dieses Feld der Seelsorge auch schon rein statistisch allemal: Von mehr als 50 Prozent der Jugendlichen in der Pfarreiengemeinschaft Hofheim bekomme er auf diese Weise pro Monat ein Lebenszeichen mit: sei es, dass er Mitteilungen von ihnen lese, oder sie direkt Kontakt mit ihm aufnähmen. „Im echten Leben ist das so kaum zu schaffen.“

Neben dieser positiven eigenen Erfahrungen führt Becker auch noch theologische Argumente für seine Facebook-Aktivitäten an. Das Dokument ‚Communio et progressio‘ in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils begründe die Nutzung der Medien nicht allein mit dem Auftrag an die Kirche, möglichst viele Menschen zu erreichen und zu verbinden. „Es geht auch darum, die Menschen in einer Sprache zu erreichen, die diese auch verstehen und annehmen können.“

(4712/1214; E-Mail voraus)

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