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„Ein Meilenstein für die Nachsorge“

Bayerische Justizministerin Dr. Beate Merk gibt Startschuss für Sexualstraftäterambulanz beim Diözesan-Caritasverband in Würzburg

Würzburg (POW) Vor über 100 Gästen aus nordbayerischer Justiz, Polizei, psychotherapeutischen Einrichtungen und Behörden hat die bayerische Justizministerin Dr. Beate Merk am Montag, 14. Februar, im Caritashaus den Startschuss für die neben München und Nürnberg dritte bayerische psychotherapeutische Fachambulanz für Sexualstraftäter gegeben. Das vorerst auf drei Jahre befristete Projekt steht in Trägerschaft des Diözesan-Caritasverbandes Würzburg.

Die Eröffnung der Würzburger Ambulanz bezeichnete Justizministerin Merk als einen Meilenstein im Bestreben, die ambulante Nachsorge bei entlassenen Sexualstraftätern zu verbessern. Das vor vier Jahren gegründete Projekt „Haft-Entlassen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter“ (Heads) verbessere den Informationsaustausch zwischen Justiz, Polizei und Maßregelvollzug über rückfallgefährdete Sexualstraftäter. Rechtzeitig vor deren Entlassung unterrichte die Staatsanwaltschaft die Zentralstelle Heads der bayerischen Polizei, die wiederum alle zuständigen Polizeidienststellen informiere, wo die notwendigen Präventions- und Überwachungsmaßnahmen festgelegt und mit den zuständigen Behörden koordiniert werden. Dabei werde darauf geachtet, dass die Entlassenen nicht in die Anonymität abtauchten und im Blickfeld von Justiz und Polizei blieben. Der zuverlässigste Opferschutz sei jedoch die Resozialisierung des Täters, betonte Merk: „Daher müssen wir versuchen, die möglichen Ursachen einer Tat zu ergründen und sie für die Zukunft auszuschalten.“ Oftmals lägen die Ursachen bei Sexualstraftaten in individuellen Problemen, Defiziten oder psychischen Störungen des Täters, die behandelt werden können.

In diesen Fällen genüge es nicht, Täter zu kontrollieren. Vielmehr müssten sie lernen, sich selbst zu kontrollieren. Leider verfügten nur wenige Therapeuten über das notwendige Spezialwissen oder sie lehnten die Behandlung von Sexualstraftätern ab. Nur Fachambulanzen, bei denen Bayern bundesweit eine Führungsrolle innehabe, könnten diesen Bedarf decken. Von 1603 in Bayern registrierten Sexualstraftätern hätten sich schon 475 bei den 2008 und 2009 eröffneten Ambulanzen in München und Nürnberg gemeldet, über 150 würden dort betreut. Merk dankte dem Würzburger Caritasverband dafür, dass er den Betrieb der Fachambulanz übernommen habe. „Ich bin sehr froh, dass wir mit Ihnen einen starken Partner mit großer Erfahrung in der ambulanten und stationären Straffälligenhilfe gefunden haben.“

„Die Justiz hat nicht nur den Auftrag, Straftaten zu ahnden, sondern auch vorzubeugen. Eine Sexualstraftäterambulanz, die sowohl haftentlassene Straftäter als auch Personen behandelt, die freiwillig kommen, weil sie sich als Täter gefährdet sehen, ist ganz im Sinne des Generalpräventionsauftrags der bayerischen Justiz“, sagte Dr. Ernst Tschanett, Vizepräsident des Oberlandesgerichts Bamberg in seiner Begrüßung. Die neue Stelle decke alle drei fränkischen Regierungsbezirke ab und schließe große Lücken in der Versorgung.

Diplompsychologe Klaus Weth, Leiter der Würzburger Beratungsstelle, berichtete aus seiner Erfahrung mit der Therapie von Sexualstraftätern. Er versuche sich in das Gefühlsleben eines jeden Probanden einzudenken. Beim Lesen von Urteilen, Gutachten, Ermittlungsakten und beim Führen von Anamnesegesprächen fühle immer ein Teil von ihm mit dem Opfer mit. Das Verständnis dieser Deliktstruktur sei die Grundlage für eine Verringerung der Rückfallgefahr. Doch letztendlich diene dieses Verständnis zur Konfrontation des Täters mit seinem Verhalten. Weths Arbeit finde in enger Vernetzung mit der Bewährungshilfe, den Justizvollzugsanstalten und Gerichten statt.

Caritasvorsitzender Domkapitular Clemens Bieber berichtete, er erinnere sich, wie ihm als junger Kaplan ein älterer Mann gestanden hatte, regelmäßig sein kleines Enkelkind unsittlich zu berühren. Bieber habe damals ein Gefühl der Ohnmacht gehabt und das Verhalten des Großvaters inakzeptabel gefunden, hätte aber den geschützten Rahmen der Beichte nicht brechen und ihm nur empfehlen können, ärztliche Hilfe zu suchen. „Wer hätte vor 25 Jahren geahnt, wie weit verbreitet in unserer Gesellschaft das Phänomen des sexuellen Missbrauchs gerade auch von Kindern und Jugendlichen ist – bis hinein in die Kirche. Jeder einzelne Fall ist ein Fall zu viel“, mahnte der Domkapitular. Kirche und Gesellschaft müssten dieses riesige Problem zur Kenntnis nehmen und sich ihm stellen. Täterarbeit sei eine wichtige Form von Opferschutz, sagte Bieber. Heute wüsste er, wohin er einen Großvater schicken würde, der sein Enkelkind missbraucht. Bieber dankte der bayerischen Staatsregierung für das Vertrauen, das sie der Caritas entgegenbringe. Die Beratungsstelle, zeigte er sich sicher, werde daher auch in drei Jahren nicht geschlossen.

Kontakt: Fachambulanz für Sexualstraftäter, Telefon 0931/38666550, Fax 0931/38666599, fachambulanz@caritas-wuerzburg.de

(0711/0180; E-Mail voraus)

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