Würzburg (POW) Die Aids-Wohngruppe der Caritas feiert in Kürze ihr 20. Jubiläum. Als einer der ersten Gratulanten kam Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal vorbei. Begleitet wurde er vom Caritasvorsitzenden Domkapitular Clemens Bieber. Bei Kaffee und Kuchen erzählten ihnen die sechs Bewohner ihre persönlichen Geschichten und tauschten mit ihnen Erfahrungen aus der Wohngemeinschaft aus. Die Regelung der Putzdienste oder das Problem des leer gegessenen Kühlschranks: Zumindest in diesen Punkten unterscheidet sich die Aids-Wohngruppe nicht von einer normalen Studenten-WG, wie sie Rosenthal als junger Mann kennen gelernt hatte.
„Für mich ist die Wohngruppe mein Zuhause“, sagte einer der Bewohner. Die anderen nickten zustimmend. In der Öffentlichkeit wollen alle unerkannt bleiben, zu groß sei selbst nach über 30 Jahren Aidsgeschichte die Angst vor Stigmatisierung. Daher freuten sie sich sehr über den Besuch des Oberbürgermeisters und des Caritasvorsitzenden. Einige der Menschen, die in der Wohngruppe leben, tragen das Virus teilweise schon über 20 Jahren in sich. Viele von ihnen wussten lange nichts von der Gefahr, die in ihnen schlummerte. Die endgültige Diagnose war daher jedesmal ein heftiger Schock. Den Kontakt zu alten Freunden, Kollegen und selbst ihren Familien haben sie oft abgebrochen.
Zirka 60 Personen hätten bisher in der Wohngruppe gelebt, erklärte Michael Koch, Leiter der Aidsberatung Unterfranken. In einem Haus des Diözesan-Caritasverbands befindet sich die Wohngruppe mittlerweile an ihrem dritten Standort, Vorläufer hatte es in den 1980er Jahren in der Sanderau gegeben. Die Verweildauer der Bewohner liegt zwischen wenigen Monaten und vielen Jahren. „Es ist unser oberstes Ziel, die Bewohner wieder in die Selbständigkeit zu entlassen“, sagte Sozialpädagogin Heidi Brand, die seit zwölf Jahren dort arbeitet. Nicht immer wurde dieses Ziel erreicht, 36 Bewohner sind im Laufe der Jahre gestorben. Doch die Todesfälle werden seltener. Die Verbesserung der Medikation gibt Aids-Patienten heute mehr Chancen. Die Nebenwirkungen sind nicht mehr so heftig, Kombinationen erlauben eine drastische Reduktion der täglichen Tablettendosis. „Vor Jahren musste ich 30 Tabletten am Tag nehmen, heute nur noch drei“, erzählte ein Bewohner.
Offiziell feiert die Wohngruppe ihr Jubiläum am 12. November. Nach einem Gottesdienst in der Würzburger Augustinerkirche um 14 Uhr stellt sie den Gästen im angrenzenden Kreuzgang ihre Geschichte und ihr Konzept vor. Die Feier steht unter dem Motto „Voll das Leben“.
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