Riedenberg/Würzburg/Fulda (POW) In der Pfarreiengemeinschaft Oberer Sinngrund im Landkreis Bad Kissingen sollen die Verletzungen der vergangenen Monate aufgearbeitet werden. Diese waren nach der aufgrund staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen erfolgten Beurlaubung von Pfarradministrator Hans-Jürgen Elbrecht entstanden. „Bitte tragen Sie Verletzungen nicht nach. Schauen Sie nach vorne. Dazu soll auch die von mir gewünschte und auch zugesagte Gemeindeberatung beitragen. Sie soll eine umfassende Überprüfung der gesamten Situation beinhalten“, betont Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in einem Brief an die Katholiken der Pfarreiengemeinschaft, der in den Gottesdiensten am dritten Advent verlesen wurde.
Gleichzeitig weist Bischof Hofmann darauf hin, dass Pfarrer Elbrecht sich entschieden habe, in sein Heimatbistum Fulda zurückzukehren. „Sieben äußerst schwere Monate liegen hinter ihm, aber auch hinter Ihnen in dieser Pfarreiengemeinschaft. Ich bitte Sie, seine Entscheidung zu akzeptieren.“ Viele Menschen aus dem Oberen Sinngrund hätten sich tatkräftig für den Verbleib von Pfarrer Elbrecht eingesetzt, schreibt der Bischof und dankt hierfür. Aber Pfarrer Elbrecht habe selbst die inzwischen eingetretene Situation so beurteilt, dass ein Verbleib für ihn nicht möglich sei. „Das hat er mir in einem persönlichen Gespräch versichert“, betont der Bischof. Jetzt gelte es, wieder Ruhe einkehren zu lassen. Es werde alles getan werden, dass die priesterliche Zukunft von Pfarrer Elbrecht gesichert sei und er ohne Anfeindungen seine Berufung leben könne.
In einer Erklärung Elbrechts, die ebenfalls in den Gottesdiensten am dritten Advent in der Pfarreiengemeinschaft verlesen wurde, gibt der Priester bekannt, dass er sich trotz des mangels Tatverdachts eingestellten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens entschieden habe, nicht wieder in die Pfarreiengemeinschaft Oberer Sinngrund zurückzukehren, sondern künftig in seinem Heimatbistum Fulda zu bleiben. „Sicher werde ich mit diesem Schritt bei vielen von Ihnen Enttäuschungen und Unverständnis auslösen. Die letzten für mich krisenhaften Monate haben mir aber deutlich bewusst gemacht, dass es auch in meiner Lebensgeschichte dunkle Flecken gibt, denen ich mich stellen möchte und muss“, schreibt der Priester. Es liege ihm sehr daran, den Gläubigen mitzuteilen, dass er diesen Schritt freiwillig und ohne Druck der Bistumsleitungen gehe. „Ich bitte Sie sehr um Verständnis für meine Entscheidung. Wir bleiben im Gebet verbunden.“
Vor Verlesung der beiden Schreiben in den Gottesdiensten kam es am Samstagabend, 11. Dezember, in Riedenberg zu einem Treffen der Generalvikare von Würzburg und Fulda, Dr. Karl Hillenbrand und Professor Dr. Gerhard Stanke, sowie der Missbrauchsbeauftragten des Bistums Fulda, Anne Schmitz, mit den Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte und der Kirchenverwaltungen in der Pfarreiengemeinschaft Oberer Sinngrund. Generalvikar Stanke erläuterte, dass es im März 2010 zu anonymen Anschuldigungen gegen den Priester des Bistums Fulda wegen möglicher sexueller Übergriffe auf Minderjährige in den frühen neunziger Jahren gekommen sei. „Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die auf Anzeige des Bistums Fulda eingeleitet wurden, haben die Tatvorwürfe nicht bestätigt. Das Ermittlungsverfahren gegen den 59-jährigen Priester wurde am 30. November 2010 mangels Tatverdachts eingestellt.“ Stanke, Hillenbrand und Schmitz unterstrichen einhellig, dass bei Vorwürfen sexueller Übergriffe die Einschaltung der Staatsanwaltschaft und die Beurlaubung des Beschuldigten ein „völlig übliches Verfahren“ seien. Die Beurlaubung sei keine Vorverurteilung, sondern ein Signal, dass die Diözese die gegen den Priester erhobenen Vorwürfe ernst nehme und alles fördern wolle, was einer zügigen Aufklärung diene“, sagte Hillenbrand. In den kommenden Wochen werde die Leitung der Pfarreiengemeinschaft ausgeschrieben. „Wir werden mit Nachdruck dahinter sein, dass es eine gute Lösung gibt“, versicherte der Würzburger Generalvikar. Das Team der Gemeindeberatung werde noch vor Weihnachten zusammenkommen, um das weitere Vorgehen zu planen.
Die beiden Bürgermeister der Gemeinden Wildflecken und Riedenberg, Alfred Schrenk und Dr. Robert Römmelt, äußerten bei dem Treffen ihre Hoffnung, dass jetzt neues Vertrauen aufgebaut werde. Hierzu sei aber noch viel Arbeit nötig. Die hauptamtlichen Seelsorger der Pfarreiengemeinschaft, Gemeindereferentin Claudia Annon, Pastoralreferent Bernhard Hopf und Pfarrer Michael Krammer, teilten am Sonntag, 12. Dezember, in einer Presseerklärung mit, dass alle Beteiligten die Entwicklungen, die um die Beurlaubung des Pfarradministrators eingetreten sind, und die daraus resultierenden Spaltungen in der Pfarreiengemeinschaft nicht gut heißen. „Der Blick soll nun nach vorne gewendet werden: Alle beteiligten Gruppen sind dabei aufgefordert, konstruktiv miteinander nach einer guten Lösung für den Oberen Sinngrund und nach einer neuen Vertrauensbasis zu suchen.“
Die Vertreter der Initiative aus der Pfarreiengemeinschaft, die sich für den Verbleib des Pfarradministrators im Oberen Sinngrund eingesetzt hatten, gaben am Samstag, 11. Dezember, bekannt, dass sie ihre Aktivitäten einstellen.
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