Würzburg (POW) Seit zehn Jahren gibt es die gemeinsame Online-Beratung der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen (EFL) der bayerischen Diözesen. Unter www.eheberatung-bayern.de finden Ratsuchende Hilfe bei Problemen mit dem Partner, der Familie oder den Lebensumständen. Rund 9000 Mails haben die Mitarbeiter seit dem Start des Angebots versandt. „Für viele Menschen ist die Tastatur ihres Computers die einzige Möglichkeit zum Kontakt“, sagte Domkapitular Christoph Warmuth, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Seelsorge der Diözese Würzburg, bei der Feier am Dienstag, 23. Oktober, im Matthias-Ehrenfried-Haus in Würzburg: „Die Mail ist oft der einzige Weg, wenn der Weg zu den Beratungsstellen zu weit ist oder zu weit scheint.“ Die Online-Beratung sei genauso wichtig wie die Beratung von Angesicht zu Angesicht, betonte Warmuth. Den 14 Beratern bescheinigte er Zuverlässigkeit, hohes Einfühlungsvermögen und sprachliche Sensibilität. „Gott begleite Sie bei Ihrer Arbeit und schenke Ihnen viel Kraft und Fantasie für ihre nicht immer leichte, aber notwendige und erfüllende Aufgabe.“
Heinz Rüschstroer, Leiter der EFL-Hauptstelle in Würzburg, hob die Leistung von Walter Sauter, Leiter der Internet-Redaktion der Diözese Würzburg, und Diakon Uwe Holschuh, Diözesanbeauftragter für Internetseelsorge, bei der Gründung der Online-Beratung hervor. „Wir haben in den vergangenen Jahren fast alles richtig gemacht“, zog Sauter Bilanz. Bei der Suchmaschine Google liege die Online-Beratung mittlerweile an zweiter Stelle der Treffer, „noch vor der Caritas, der Deutschen Bischofskonferenz und den evangelischen Beratungsangeboten“. Einen Blick zurück in die „Steinzeit“ der Online-Beratung warf Diakon Uwe Holschuh. Die Zeiten, als die E-Mails aufgrund der damaligen Technik noch unverschlüsselt verschickt werden mussten, seien zum Glück vorbei: „Jeder Techniker würde heute die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.“
Die Online-Beratung sei ein wichtiger Mosaikstein im Gesamtangebot des kirchlichen Engagements, betonte Andrea Imbsweiler, Referentin für Glaubensinformation und Onlineberatung bei der katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral. „Online-Beratung heißt, dahin zu gehen, wo die Menschen sind. Für immer mehr Menschen ist das Internet der erste Ort, wo sie nach Dingen und Dienstleistungen suchen – es ist ein Fenster zur Welt.“ Vor allem unter den sogenannten Digital Natives – der Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist – erreiche man Altersgruppen und Milieus, an die man sonst kaum herankomme. Das bestätigte Stephan Bury, Berater in der EFL-Außenstelle Aschaffenburg: Rund ein Drittel der Ratsuchenden sei zwischen 20 und 30 Jahre alt. „Es kommen viele Menschen, die nicht den Weg in eine Beratungsstelle finden oder die sich nicht zeigen können oder dürfen, weil sie zum Beispiel in einer Gewaltbeziehung leben“, ergänzte er. Die Vielfalt der Beratungsangebote zu erhalten, das ist das Anliegen von Erhard Scholl, Leiter der EFL-Außenstelle Schweinfurt. „Die Online-Beratung ist ein zeitgemäßes Medium, an das sich viele Menschen wenden.“ Deshalb sei es sinnvoll, die personelle Ausstattung zu erhöhen und das Angebot in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.
Einen wissenschaftlichen Blick auf die Online-Beratung warf Pastoralsupervisor Rainer Bergmann. Für seinen Vortrag „Ein Stück des Weges mit den Menschen gehen – zur Standortbestimmung einer gefragten Beratungsform“ analysierte er den Beratungszeitraum von Januar bis Juli 2012. Die Ergebnisse: Zwei Drittel der Ratsuchenden sind Frauen. Auffällig stark vertreten seien die 21- bis 30 Jährigen mit 37,9 Prozent, gefolgt von den 31- bis 40-Jährigen (28,7 Prozent). Rund die Hälfte hat einen Fach- oder Hochschulabschluss. Die deutliche Mehrheit gehört einer christlichen Konfession an: 42 Prozent sind katholisch, 31 Prozent evangelisch. Wie bei der Präsenzberatung, liegt der Schwerpunkt auf Problemen in den Bereichen Partnerschaft oder Beziehungsklärung. Auch bei einer rein schriftlichen Kommunikation sei es möglich, Nähe und Intimität aufzubauen, betonte Bergmann. So könne man beispielsweise Rückschlüsse aus dem Schreibstil und der Art der Problembeschreibung ziehen. Auch sei es „beachtlich, wie schnell sich Menschen digital öffnen und Dinge preisgeben“. Bergmann sieht die Online-Beratung als sinnvolle Ergänzung zur Präsenzberatung. Seiner Ansicht nach ist es nun Zeit, das Angebot personell und finanziell noch besser auszustatten: „Das Beraterteam kommt bald an seine Grenzen.“ Nötig sei auch eine bessere Vernetzung mit den lokalen EFL-Beratungsstellen.
Die Feier wurde von Michael Ottl, Berater in der EFL-Beratungsstelle Würzburg, musikalisch am Klavier begleitet.
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