Würzburg (POW) Es könnte alles so schön sein im Leben der Milchbauern des westafrikanischen Landes Burkina Faso: Kleine Molkereibetriebe pasteurisieren die vor Ort erzeugte Milch und verkaufen diese und den daraus hergestellten Joghurt sowie ein lokales Getränk auf Hirsebasis. Den ehemaligen Nomaden des Volks der Peulh ist dadurch ein Grundeinkommen gesichert, zumindest die Frauen können mit dem Milchvieh zuhause bleiben und die Kinder, weil jetzt ebenfalls seßhaft, regelmäßig zur Schule gehen. „Leider bedroht eine Schwemme von subventioniertem Milchpulver aus der EU unsere Lebensgrundlage“, sagt Mariam Diallo. Die 52-Jährige ist Schatzmeisterin der Union der Kleinmolkereien in Burkina Faso. Derzeit besucht sie auf Einladung des Bischöflichen Missionswerks Misereor das Bistum Würzburg, um auf die Situation in ihrem Land aufmerksam zu machen.
80 Prozent der rund 19 Millionen Einwohner Burkina Fasos leben als Kleinbauern von dem, was Ackerbau und Viehzucht abwerfen. „Wir sind eines der ärmsten Länder Afrikas. Und wenn uns die Haupteinnahmequelle wegbricht, führt das zu einer Fluchtbewegung in Richtung Europa“, sagt Diallo. Sie selbst habe erst kürzlich eine Dokumentation im Fernsehen verfolgt. Die Reise in Richtung eines vermeintlich besseren Lebens sei illegal und lebensgefährlich. „Glauben Sie mir, die Leute wollen lieber bleiben. Aber die Probleme in der Heimat zwingen zum Wegzug.“ Es sei selbstverständlich tragisch, wenn ein Landwirt in Deutschland seine Arbeit verliere. „Seine Familie und er müssen deswegen aber nicht verhungern.“
Wie drastisch die Unterschiede sind, hätten bei einem Termin in einem Kindergarten die Kinder beim Betrachten von Fotos der Häuser aus Diallos Dorf deutlich gemacht. „Das ist doch keine Behausung, das muss ein Stall sein“, hätten die Kinder gesagt. Mit ein wenig Unterstützung aus Europa könne es gelingen, die Welt ein wenig gerechter zu machen, sagt Diallo. Neben dem Ende der subventionierten Agrarexporte aus Europa wäre ihr Wunsch, die heimischen Kühe durch das Einkreuzen europäischer Rassen leistungsfähiger zu machen. „Unsere Kühe geben höchstens vier Liter Milch pro Tag, kein Vergleich mit den Hochleistungsrassen, die 20 Liter und mehr geben.“
Hilfreich wäre zudem, wenn der technische Standard der kleinen Molkereien verbessert würde. Im Übrigen könne sie sich sehr gut vorstellen, dass Burkino Faso weiter (Milch-)Produkte aus Europa beziehe. „Aber bitte eben Sachen wie Käse oder Kondensmilch, die wir vor Ort nicht selbst produzieren.“ Ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei zum Beispiel, dass die Regierung in einigen Landesteilen den Schulkantinen vorschreibe, ausschließlich regionale Produkte zu verwenden.
„Gut finde ich auch, dass es Vorschrift ist, dass bei offiziellen Anlässen Kleidung aus lokaler Produktion getragen werden muss. Die Textilindustrie ist durch Altkleidung aus Europa bedroht. Dabei ist sie eine der Haupteinnahmequellen für viele Frauen.“ Es sei daher wichtig, diese Frauen zu unterstützen. „Denn wenn es den Frauen gut geht, geht es der ganzen Familie gut.“
Während ihres Aufenthalts in Deutschland hat sie bereits mehrere Milcherzeugerbetriebe besichtigt und ist angetan von dem, was sie gesehen hat. „Den Kühen geht es hier richtig gut. Und auch der Stand der Automatisierung ist sehr beeindruckend. Ein Bauer hat mir gezeigt, dass er vom Wohnzimmer aus auf seinem Tabletcomputer via Kamera sieht, was im Stall passiert.“ Dennoch litten auch hier viele Landwirte unter dem enormen Preisdruck und stünden vor dem Aus. „Bei uns wie hier in Deutschland gilt: Wir müssen zusammenhalten, wenn wir überleben wollen.“
Und das gelte auch im Bereich des interreligiösen Dialogs. Diallo ist wie die Mehrheit in ihrem Land muslimischen Glaubens. „Wir haben ein sehr enges Verhältnis zu den Christen. Zu den jeweiligen Festen besuchen wir sie und sie uns.“ Und sie betont: „Wahre Christen und wahre Muslime wissen sich Gott verpflichtet und würden nie für ihre Religion töten.“
Nähere Informationen zu Misereor und seinen Hilfsprojekten sowie Spendenmöglichkeit unter www.misereor.de.
mh (POW)
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