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„Das Zeugnis ist wahr“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Hochfest der Auferstehung Jesu Christi, Ostersonntag, 24. April, (10 Uhr) im Würzburger Kiliansdom

In London ist eine ehemalige Turbinenhalle zu einem Ausstellungsraum der Galerie Tate Modern umfunktioniert worden. Dies allein ist schon eine große Herausforderung an die Künstler wie an die Besucher. Was wird dort einer Weltöffentlichkeit vorgestellt?

Der prominente chinesische Künstler Ai Weiwei, der heuer (am 4. April diesen Jahres) in China verschleppt wurde, hatte dort im vergangenen Oktober den ganzen Boden mit einer Sonnenblumenkerninstallation bedeckt. Es handelte sich dabei aber nicht um echte Sonnenblumenkerne. Vielmehr hundert Millionen winziger handbemalter Porzellanobjekte, „von denen keines dem anderen glich“ (FAZ, 21.04.11, Feuilleton) waren über den Boden verstreut, und die Besucher sollten über diese Kerne gehen.

War es schon befremdlich, dass hier in Anspielung auf millionenfaches Leben nur Porzellanstückchen lagen – also ein irrealer Lebensteppich –, so zeigte sich auch – wie im Feuilleton einer großen Zeitung zu lesen war, „dass die zertretenen Objekte einen feinen gesundheitsschädlichen Staub abgaben. Die Lebenssymbole waren für die Lebenden offenbar gefährlich.“(Ebd.)

Die Sehnsucht nach Leben treibt die Menschen um. Und doch ist der Versuch, Leben zu erzeugen und zu verlängern, oft genug von Tod und Verderben begleitet. PID und eugenische Indikation seien nur zwei Stichworte. Gerade der Umgang mit dem ungeborenen menschlichen Leben und der über ‚Sterbehilfe’ vernommene Ruf nach dem Recht auf Euthanasie schrecken uns zu Recht auf.

Was in der Kunst seismografisch ins Bewusstsein gehoben wird, spielt sich real in unserer Wirklichkeit ab. An Ostern feiern wir das Leben. Das wahre und wirkliche Leben! Aufbauend auf das Zeugnis derjenigen, die dem Auferstandenen wahrhaftig begegnet sind, sprechen wir von der Überwindung des uns gewöhnlich als endgültig erscheinenden menschlichen Todes. Mit seinem Sterben am Kreuz hat Christus für uns alle sein Leben hingegeben und damit uns das wirkliche Leben, das zeitlos sich in Gott erfüllende Leben, erworben.

Das zentrale Motiv unserer christlichen Botschaft lautet: Gott ist die Liebe. Und diese Liebe zeigte sich in seiner tiefsten und berührendsten Weise im Kreuzestod Jesu Christi. Diese sich in den Tod hinein verschenkende Liebe überwindet kraft göttlichen Einwirkens den Tod. So gewinnt auch der Ausspruch Jesu: „…wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es retten. (Mk 8,35) eine neue Dimension. Wir werden damit herausgefordert, um der Liebe willen unser ganzes Leben hinzugeben. Das setzt aber voraus, dass wir der Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi auch glauben.

So herausfordernd das Bekenntnis von der Auferstehung Jesu Christi klingen mag: Das Zeugnis ist wahr. Es bezeugen nicht nur die Frauen am leeren Grab, von denen Maria von Magdala dem Auferstandenen selbst begegnet ist, nicht nur die Emmausjünger und die Apostel im verschlossenen Abendmahlssaal – inklusive dem zunächst zweifelnden Thomas – sondern auch die 500 noch lebenden Zeugen, auf die der heilige Paulus im ersten Korintherbrief hinweist. (Vgl. 1 Kor 15,6)

Es kann in diesem Zusammenhang nicht von Einbildung und Halluzination einiger religiöser Fanatiker gesprochen werden. Dafür ist die Zahl der Augen- und Ohrenzeugen zu groß, der Zeitraum, in dem sie dem Auferstandenen begegnet sind, zu lange und der Preis für diese umwerfende Botschaft, nämlich der eigene Tod, den sie auf sich nahmen, zu hoch.

Papst Benedikt XVI. hat in seinem neuesten Buch, dem zweiten Band Jesus von Nazareth, geradezu beschwörend die Realität der Auferstehung Jesu angesprochen. Vom Geschehen am Kreuz führt uns der Heilige Vater zum Ostermorgen und erschließt uns die fundamentale Bedeutung der Auferweckung Jesu Christi (wie folgt): „Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, dass Christus von den Toten auferstanden ist. Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über dessen Sein und Sollen zusammenfügen – eine Art religiöser Weltanschauung –, aber der christliche Glaube ist tot. Dann war Jesus eine religiöse Persönlichkeit, die gescheitert ist; die auch in ihrem Scheitern groß bleibt, uns zum Nachdenken zwingen kann. Aber er bleibt dann im rein Menschlichen, und seine Autorität reicht so weit, wie uns seine Botschaft einsichtig ist. Er ist kein Maßstab mehr; der Maßstab ist dann nur noch unser eigenes Urteil, das von seinem Erbe auswählt, was uns hilfreich erscheint. Und das bedeutet: Dann sind wir allein gelassen. Unser eigenes Urteil ist die letzte Instanz.

Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und die Situation des Menschen verändert. Dann wird er der Maßstab, auf den wir uns verlassen können. Denn dann hat Gott sich wirklich gezeigt.“ (S. 266f.)

Liebe Schwestern und Brüder,

nun aber ist Christus wahrhaft auferstanden! Deshalb rufen und singen wir Halleluja! Er lebt und ist auch jetzt als der Erhöhte wahrhaft unter uns. Seine Liebe berührt uns und zieht uns in sein göttliches Leben hinein. „Maria von Magdala ging zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen.“ (Joh 20,18) Hier geht es nicht mehr um künstlerische Versuche, dem Leben nachzujagen, sondern um das Leben selbst, um das ewige Leben. Wir dürfen von Herzen froh sein, denn es geht um unsere gelingende Zukunft, von der wir nicht schweigen dürfen. Amen.