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Das Zeugnis der Frankenapostel

Predigt von Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele beim Kiliani-Wallfahrtstag der Spätaussiedler und der Heimatvertriebenen am Samstag, 9. Juli 2011, in der Neumünsterkirche in Würzburg

Das Zeugnis der ältesten Kiliansberichte

Die Lebensgeschichte der Frankenapostel ist eine Liebesgeschichte. Das bezeugen uns die beiden ältesten Darstellungen ihres Wirkens. Das jüngere Dokument weist ausdrücklich darauf hin, dass Kilian bereits in seiner Heimat dem Aufruf zu lieben gefolgt ist. Wörtlich heißt es: „Er wusste, dass ein Fortschritt in der Liebe Gottes nicht vollständig sein kann ohne Liebe zum Nächsten. Deshalb nahm er es auf sich, in seinen eigenen Angelegenheiten zurückzutreten, und dem Heil der Brüder zu dienen.“ Mit seinen Gefährten bricht Kilian auf, um die Frohbotschaft der Liebe zu verkünden. Wie ein Echo seines Einsatzes sind die Worte des Herzogs Gozbert: „Ich habe, Vater, in deiner Lehre gehört, dass der Herr Jesus mahnt, nichts der Liebe zu ihm vorzuziehen, nicht Vater, nicht Mutter, nicht Kinder, nicht die Gattin ... Ich ziehe die Liebe zu Gott vor.“ Im älteren Text lesen wir, der Herzog habe erklärt: „Nichts ist mir teurer und nichts liebenswertes als die Liebe Gottes.“ Aus dieser Perspektive ist das gesamte Wirken der Frankenapostel zu sehen; aus dieser Perspektive will auch der Einsatz der Ordensleute in unserer Zeit gesehen und geleistet werden, denn die Liebesgeschichte der Frankenapostel ist noch längst nicht zu Ende. Wie in manchen Romanen heißt es auch bei ihr: „Fortsetzung folgt.“ Wir alle sind aufgerufen, diese Fortsetzung durch unseren Einsatz mitzuschreiben. Wir können es umso besser, je mehr wir uns das Zeugnis der Frankenapostel vergegenwärtigen.

Das Zeugnis der Frankenapostel

Frohbotschaft von der Liebe

Am Beginn des Weges, der Kilian ins Frankenland führt, steht das Ergriffenwerden von der grenzenlosen Liebe des Herrn, wie sie sich am Kreuz offenbart. Der Chronist berichtet, dass Kilian durch das Evangelium die Stimme des Herrn vernimmt: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Kilian wird davon „total im Herzen und im Geist ergriffen.“ Er weiß: „Diese Worte gelten mir; für mich hat Christus am Kreuz sein Leben hingegeben; mich ruft er zu sich, hinein in seine Liebe. Ich darf ganz eng mit ihm verbunden sein und Schritt um Schritt ihm nachfolgen.“ Kilian ist dazu bereit, zugleich will er andere teilhaben lassen an dieser Erkenntnis und an dieser Entscheidung. So bewegt er seine Freunde dazu, mit ihm Christus nachzufolgen. Alle Welt soll wissen: „Gott ist die Liebe. Er hat uns aus Liebe erschaffen. Jeder Mensch ist eine neue Erfindung seiner Liebe. Mit jedem Menschenkind will Gott für immer verbunden sein. Jedem will er die ewige Seligkeit der Liebe schenken.“

Das war eine Botschaft, die sich himmelweit von dem unterschied, was die Germanen von ihren Göttern glaubten. Sie sahen sie in endlosem Streit miteinander verwickelt. An dessen Ende stand die Götterdämmerung, ihr Untergang, der alle und alles mit sich reißt. Kein Wunder, dass sie auch das Leben der Gemeinschaft wie des Einzelnen als Kampf aller gegen alle verstanden. Die Frohbotschaft vom Gott des Friedens und seiner unendlichen Liebe eröffnete demgegenüber ganz neue Möglichkeiten für alle. Natürlich war es nicht leicht, die Menschen von dieser wunderbaren Wahrheit zu überzeugen. Dazu brauchte es nicht nur die rechten Worte, dazu war auch das Zeugnis des Lebens gefordert. Die Frankenapostel haben es gegeben.

Beispiel der Liebe

Schon in der irischen Heimat bilden Kilian und seine Gefährten eine feste Gemeinschaft. Damit zeigen sie, was die Liebe vermag: Sie holt die Menschen aus ihrer Isolierung heraus, in der sie sich allzu leicht verlieren. Sie überwindet die Mauern, die durch die Sünde zwischen den einzelnen aufgerichtet werden. Sie vermittelt ein lebendiges Bild vom Urgeheimnis der Welt, vom Mysterium des dreieinigen Gottes. Ihr Zusammenleben, ihr Zusammenhalten, ihr Zusammenwirken ist ein Abbild des dreieinigen Lebens und Liebens. Vor allem durch ihre feste Gemeinschaft erweist sich die Lebensgeschichte der Frankenapostel als Liebesgeschichte. Sie brechen miteinander auf. Ausdrücklich hält der Chronist fest, dass in den Herzen von Kilians Gefährten „die gleiche Liebesglut flammte.“ Mit Sympathie begegnen sie den Menschen, die ganz anders leben als sie selbst es gewohnt waren. Miteinander sehen sie deren Wert und Würde und erkennen zugleich deren Gefährdung. Miteinander „predigten sie das Wort Gottes“ . Durch ihre Gemeinschaft tun sie das, selbst wenn sie nicht sprechen. Im Blick auf sie kann uns bewusst werden, welche Bedeutung die Kirche und ihre Einheit für die Welt hat. Unser Herr hat sie im hohepriesterlichen Gebet mit den Worten erfleht: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21). Mehr noch als durch ihre Worte soll das Evangelium durch die Einheit der Christen weitergegeben werden. Das gilt für die ersten Jünger, für die Frankenapostel und für uns heute. Unsere Gemeinschaft ist nicht nur eine sympathische Weise, miteinander umzugehen; sie ist die vom Herrn selbst geforderte Lebensform, das Beispiel der Liebe, das wir der Welt schulden.

Opfer der Liebe

Im Zeichen der unzertrennlichen Gemeinschaft steht schließlich das Sterben der Frankenapostel. Die älteste Lebensbeschreibung hält fest, dass sie „einmütig zum Lobe Gottes vereinigt“ sind, als ihre Todesstunde naht, und dass sie „alle in gleicher Weise enthauptet und mit dem Martyrium gekrönt“ wurden. Durch die gemeinsame Hingabe ihres Lebens bezeugen sie für alle Zeit die radikale und totale Hingabe Jesu Christi „für das Leben der Welt“ (Joh 6,51). In seinen Abschiedsreden hat er seinen Jüngern einen eindeutigen Maßstab gegeben, der die Liebe erkennen lässt. Er macht ihnen klar, dass für die Liebe nicht unsere Empfindungen und nicht unsere Gefühle und auch nicht unsere Gedanken letztlich maßgebend sind; entscheidend ist die Bereitschaft zu helfen, zu geben, mitzuteilen. Wörtlich sagt uns der Herr: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh 15,13). Er hat das wahrgemacht. Die Frankenapostel sind ihm bis ins Sterben hinein gefolgt. Dafür schulden wir ihnen bleibenden Dank. Das ermutigt uns, ihre Hilfe für uns zu erbitten, damit wir die fälligen Schritte der Liebe gehen und die notwendigen Taten der Liebe vollbringen, damit wir immer mehr ein Segen füreinander werden. Amen.