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„Das Weihnachtsgeschehen fruchtbar werden lassen“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann im Pontifikalamt zum Hochfest der Geburt Christi am ersten Weihnachtsfeiertag, 25. Dezember 2010, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

die Menschwerdung Gottes, die wir heute voll Freude feiern dürfen, ist und bleibt ein Geheimnis. Die Idylle unserer oft liebevoll gestalteten Krippen darf nicht darüber hinweg täuschen, dass der Eintritt Gottes in unsere Welt, in unsere Geschichte und unser ganz persönliches Leben völlig anders gekommen ist als erwartet und ein herausforderndes Werben um uns bleibt. Der Johannesprolog, den wir eben als Evangelium hörten, spricht das Urgeheimnis der Selbstoffenbarung Gottes an: Der ewige, allmächtige, unsichtbare dreifaltige Gott wird in diesem kleinen Kind von Betlehem gegenwärtig. Der ewige Gott, der nicht in der von Ihm geschaffenen Raum- und Zeitwirklichkeit eingesperrt ist, der über unserer Schöpfung steht und damit auch nicht den Gesetzen der Schöpfung unterliegt, macht sich in diesem einen Kind sichtbar, hörbar und verwundbar. Er liefert sich als Friedensbringer denen aus, die alles andere als Frieden wollen. Die heilige Edith Stein, die als Schwester Teresia Benedicta a cruce 1942 in den Gaskammern von Auschwitz den leiblichen Tod fand, schrieb am 31. Januar 1931:

„Friede auf Erden denen, die guten Willens sind! Aber nicht alle sind guten Willens. Darum musste ja der Sohn des Ewigen Vaters aus der Herrlichkeit des Himmels herabsteigen, weil das Geheimnis der Bosheit die Erde in Nacht gehüllt hat. Finsternis bedeckte die Erde, und er kam als Licht, das in der Finsternis leuchtet, aber die Finsternis hat ihn nicht begriffen. Die ihn aufnahmen, denen brachte er das Licht und den Frieden: den Frieden mit dem Vater im Himmel, den Frieden mit allen, die gleich ihnen Kinder des Lichtes und Kinder des Vaters im Himmel sind, und den tiefen inneren Herzensfrieden, aber nicht den Frieden mit den Kindern der Finsternis. Ihnen bringt der Friedensfürst nicht den Frieden, sondern das Schwert. Ihnen ist er der Stein des Anstoßes, gegen den sie anrennen und an dem sie zerschellen. Das ist die eine schwere und ernste Wahrheit, die wir uns durch den poetischen Zauber des Kindes in der Krippe nicht verdecken lassen dürfen.“ (Edith Stein, Geistliche Texte zum Nachdenken – Kleine Reihe 1, Weihnachtsgeheimnis, 6f.)

Gott überfällt nicht die Menschheit mit der Geburt Jesu Christi. Tief im Herzen haben die Menschen guten Willens in der Dunkelheit ihres Lebens bewusst oder unbewusst nach dem göttlichen Licht Ausschau gehalten, das ihnen einen Weg zum Leben in Gott weisen kann. Wir können uns nicht selbst – wie Münchhausen – an den Haaren aus dem Sumpf ziehen. Schon die Propheten haben immer wieder auf diesen Retter der Menschheit hingewiesen. Nun ist er gekommen und hat allen, die ihn aufnehmen, die Möglichkeit gegeben, Kinder Gottes zu werden (vgl. Joh 1,12). Damit kann das Leben sozusagen für uns noch einmal beginnen: Wir dürfen uns als ‚Kinder Gottes’ begreifen.

In uns ist Jesus Christus geboren als wir getauft wurden. Er hat gleichsam in unserem Herzen Wohnung genommen. Nun kommt es darauf an, wie wir Ihn aufnehmen: Zögerlich, ängstlich oder vertrauensvoll, freudig und konsequent!

Auch heute liegt noch eine große Dunkelheit über der Welt. Wir mussten dies besonders leidvoll im letzten Jahr auch in unserer Kirche erfahren. ‚Wo viel Licht, da viel Schatten’, pflegen wir zu sagen. Der Glanz, der über den Fluren Betlehems lag und den Hirten die Augen öffnete für das Geheimnis der Menschwerdung Gottes in diesem hilflosen Kind in der Krippe, darf uns nicht abhandenkommen. Christus ist der Abglanz der Herrlichkeit Gottes (vgl. Hebr. 1,3). Ihn dürfen wir anschauen und an Ihm Maß nehmen. Wenn schon der Prophet Jesaja seinem von Unterdrückung, Folter und Krieg gebeutelten Volk bei der Rückkehr nach Zion zuruft: „Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem!“ (Jes 52,9), wie viel mehr dürfen wir uns heute sagen lassen: „In dieser Endzeit … hat (Gott)…zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat.“ (Hebr 1,2)

Unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI. hat am 13.Mai vergangenen Jahres am Krippenplatz in Betlehem gesagt: „Im Plan Gottes wurde Betlehem, ‚so klein unter den Gauen Judas’ (Mi 5,1) zu einem Ort unvergänglicher Herrlichkeit: dem Ort, wo Gott in der Fülle der Zeit beschlossen hat, Mensch zu werden, der langen Herrschaft von Sünde und Tod ein Ende zu setzen und einer Welt, die alt und müde geworden war und die Last der Hoffnungslosigkeit niederdrückte, neues Leben in Fülle zu bringen.“

Jetzt kommt es auf uns an: Bereiten wir dem Herrn, der in uns Wohnung genommen hat, einen Weg in die Herzen anderer Menschen, oder verdunkeln wir durch unsere Gleichgültigkeit oder gar Schuld sein Licht?

Lassen wir in uns das göttliche Licht aufstrahlen oder verdunkeln wir ängstlich wegen der Konsequenzen für unser Leben diese frohe Botschaft? Es ist leicht, über die Fehler anderer zu schimpfen. Es ist einfach, sich zurückzulehnen und zu sagen, was kann ich schon ändern. Aber eine einzige Kerze vermag einen ganzen Raum auszuleuchten. Auch das wenige, das ich zu tun vermag, macht die Welt heller und besser. Es kommt auf mich an, ob ich das Weihnachtsgeschehen furchtbar werden lasse und die Botschaft der Engel umsetze: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.“ (Lk 2,14)

Amen.