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Das Gleis zum Tod ist immer präsent

Begeisterter Applaus für Uraufführung und Premiere von „Theresienstädter Tagebuch & Brundibár“ im Museum am Dom – Auch vier Überlebende der Shoa unter den Zuschauern – Greta Klingsberg: „Es war eine wundervolle Arbeit“

Würzburg (POW) Einen tiefen Eindruck hat die Uraufführung und Premiere des Musikprojekts „Theresienstädter Tagebuch & Brundibár“ am Mittwochnachmittag, 13. Februar, im Museum am Dom bei den rund 80 Zuschauern hinterlassen. Die einstündige Vorstellung vereinte zwei Werke von gänzlich unterschiedlichem Charakter: auf der einen Seite das bedrückende „Theresienstädter Tagebuch“, auf der anderen die heitere, verspielte Kinderoper „Brundibár“. Die jungen Sänger der Würzburger Domsingknaben und der Mädchenkantorei am Würzburger Dom sowie die Mitglieder des Philharmonischen Orchesters Würzburg unter der Leitung von Domkantor Alexander Rüth meisterten eindrucksvoll die gegensätzlichen Facetten. „Sie haben wunderbar gesungen“, lobte Greta Klingsberg (83), Sängerin aus Jerusalem und Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt, nach der Aufführung. Das Publikum dankte mit begeistertem, minutenlangem Applaus.

Ein einzelner Gleisstrang trennt die Bühne mit dem ganz in schwarz gekleideten Chor von den Zuschauern. „Mein Land ist nicht auf der Erde, mein Land ist im Herzen und doch so weit“, stimmen die Kinder und Jugendlichen voller Sehnsucht an. Sehnsucht, Verzweiflung, nur ab und an ein Funken Hoffnung durchziehen die Texte des „Theresienstädter Tagebuchs“, von Alexander Jansen unter anderem auf der Grundlage von Tagebucheinträgen von Kindern aus Theresienstadt geschrieben. Sie beschreiben den harten Lageralltag ohne Betten und in stetiger Angst vor den Nazis, sie erzählen von der Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum gewesen sein möge. Wenn doch einmal ein Hauch von Kinderglück durchscheint, wie bei „Mama, komm, lass uns spielen, küssen, sprechen, singen auch!“, ist es Augenblicke später schon wieder verflogen. Nach und nach verschwinden Vater, Mutter, schließlich nimmt der Zug den Bruder mit. Die letzten Takte enden in einem schrillen Pfeifton, der wie ein Schrei klingt. Lange Sekunden herrscht absolute Stille. Selbst der Applaus klingt ernst.

Heiter und verspielt ist dagegen der Charakter der Kinderoper „Brundibár“. Auch wenn die Ausgangslage zunächst hoffnungslos erscheint: Die Geschwister Aninka (gesungen von Jacqueline Wiedemer) und Pepícek (Jaromir Müller) wollen mit Singen Geld verdienen, um für die kranke Mutter Milch zu kaufen. Dabei werden sie von dem bösen Drehorgelmann Brundibár (Roberto Lepore) vertrieben. Natürlich geht die Geschichte gut aus: Ein Spatz, eine Katze und ein Hund haben alles beobachtet und mobilisieren ganz viele Kinder, um den beiden zu helfen und Brundibár zu vertreiben. „Nehmt euch bei der Hand und knüpft das Freundschaftsband“, lautet eine der letzten Zeilen. Zum langen, begeisterten Schlussapplaus holen die Darsteller Greta Klingsberg auf die Bühne. Sie sang 1943/44 im Konzentrationslager Theresienstadt rund 50 Mal die weibliche Hauptrolle Aninka. Nun ist sie voll des Lobs über die Leistung der jungen Sänger. „Sie haben wunderbar gesungen“, strahlt sie. „Auch das moderne Stück haben sie unglaublich sauber und schön gesungen. Es war eine wundervolle Arbeit.“ Wilfried Hiller, Komponist des „Theresienstädter Tagebuchs“, fasst seine Gefühle in einem Satz zusammen: „Ich bin sehr froh.“

Der heitere Charakter von „Brundibár“ darf nicht über den ernsten Hintergrund der Kinderoper hinwegtäuschen. An diesen erinnerte Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen in seiner Begrüßung. Denn die Aufführungen von „Brundibár“ waren dazu gedacht, die Beobachter des Roten Kreuzes über den wahren Charakter der Konzentrationslager hinwegzutäuschen. „Sie sollten eine heile Welt vorstellen. Aber viele der Kinder haben diese Oper nicht überlebt – der Zug ging nach Auschwitz.“ So war es nur folgerichtig, dass die Gleise auch bei „Brundibár“ immer im Blick waren. Einige Überlebende der Shoa konnte Lenssen an diesem Nachmittag begrüßen. Neben Greta Klingsberg waren dies die Sängerin Esther Bejarano, Mitglied des Mädchenorchesters im Konzentrationslager Auschwitz, die ungarische Autorin Eva Fahidi-Pusztai und der Journalist Pavel Kohn. „Alle Kräfte, die die Freiheit stehlen wollen, haben letztlich verloren“, sagte Lenssen und betonte: „Nur in der Gemeinschaft, im Vertrauen zueinander, sind wir stark. Es gilt, zu einem respektvollen Umgang miteinander in allen Lebensbereichen zu finden.“

Unter den Ehrengästen befanden sich Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, die Schirmherren der Veranstaltungen, Tibor Shalev Schlosser, Generalkonsul des Staates Israel, und Dr. Rudolf Jindrák, Botschafter der Republik Tschechien, sowie Oberbürgermeister Georg Rosenthal. Bereits am Vormittag hatten sich Klingsberg, Bejarano, Fahidi-Pusztai, Kohn sowie Generalkonsul Schlosser und Botschafter Jindrák in das Goldene Buch der Stadt Würzburg eingetragen.

(0813/0180; E-Mail voraus)

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