„Damit sie das Leben haben“ (Joh 10,10). Unter diese Worte hat Weihbischof Alfons Kempf sein Leben und Wirken gestellt. Es sind Worte des guten Hirten Jesus Christus. Sie bezeugen die Bereitschaft, ihm nachzufolgen und in seinem Sinn als Hirt zu wirken. Das geschah nicht erst von dem Augenblick der Bischofsweihe an. Es kennzeichnet auch sein Wirken als Kaplan und Pfarrer.
Pfarrer
Als Alfons Kempf ab 1943 mit dem Titel Kaplan im hiesigen Juliusspital tätig war, geschah sein Einsatz im Geist eines Pfarrers, der ganz für die ihm Anvertrauten da ist; es geschah für eine große Gemeinde, kamen doch zu den Kranken aus Würzburg und Umgebung viele verwundete Soldaten hinzu, da das Juliusspital im Krieg zu einem großen Lazarett wurde. Angesichts der Krankheiten und der Verwundungen konnte ihr Seelsorger immer mehr erfassen, was es bedeutet, dass der Sohn Gottes Mensch geworden ist „damit wir das Leben haben“. Besonders intensiv hat der Seelsorger Alfons Kempf die Gefährdung des menschlichen Lebens erfahren, als er massiv die Folgen des Luftangriffes am 16. März 1945 zu spüren bekam. In demselben Jahr wurde er Pfarrverweser in der Pleich, in dem Stadtteil, der besonders von den Zerstörungen betroffen war. Als selber Ausgebombter teilte er das Geschick der Überlebenden. Das verband ihn in spezifischer Weise mit ihnen. Zwei Jahre später wurde er offiziell Pfarrer von Sankt Gertraud.
Auch als Weihbischof blieb er mit „seiner“ Gemeinde verbunden. Er blieb Pfarrer im besten Sinne des Wortes. Das spürten die Mitbrüder im priesterlichen Dienst und wussten es zu schätzen: Er war einer von ihnen.
Weihbischof
Der selige Papst Johannes XXIII. ernannte den beliebten Pfarrer zum Weihbischof in Würzburg. Damit wurde er in neuer Weise in die Nachfolge des guten Hirten gerufen. Verstärkt konnte er dem Leben dienen, für das Jesus Christus den Tod auf sich genommen hat. In seinem Hirtenamt erfüllt der Herr die Verheißung des Propheten Ezechiel: „Wie ein Hirt sich um die Tiere seiner Herde kümmert …, so kümmere ich mich um meine Schafe“ (Ez 34,12). „Auf gute Weide will ich sie führen“ (Ez 34,14). Das Johannesevangelium stellt die persönliche Verbundenheit des guten Hirten mit seinen Schafen heraus. Es sagt von ihm: „Er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus“ (Joh 10,3). Das Mühen um persönliche Kontakte kennzeichnet das bischöfliche Wirken des Weihbischofs. Der bischöfliche Dienst entfernte ihn nicht von den Gläubigen, er verstärkte seine Verbundenheit mit ihnen. Er nahm ihre Nöte wahr und solidarisierte sich mit ihnen. Mehr als 300.000 Jugendlichen hat er auf seine engagierte Art das Sakrament der Firmung gespendet. Mit den Firmungen waren immer auch Begegnungen mit den Gemeinden verbunden. Sein Einsatz für diese erhielt durch seine Ernennung zum Leiter des Seelsorgeamtes eine neue Qualität.
Seelsorgeamtsleiter und Dompropst
Vom ersten Tag an zeigte sich, dass durch die Ankündigung des Konzils ein neuer Aufbruch in den Blick rückte und sich neue Chancen ergaben. Weihbischof Alfons hat das Konzil von Anfang bis zum Ende in Rom miterlebt. So konnte er die weltweite Gemeinschaft aller Bischöfe erfahren; mit ihnen war er in das Ringen um die Erneuerung der Kirche einbezogen. Als Leiter des Seelsorgeamtes setzte er sich nach Kräften für die Umsetzung der Konzilsbeschlüsse ein. Auch in ihnen ging es letztlich darum, das Leben, das Christus in Fülle schenken will, mit offenem Herzen aufzunehmen und es an möglichst viele weiterzugeben. Alle Christen sollten dabei mitwirken. Neu gegründete Vertretungen auf der Pfarrei- und der Diözesanebene sollten das fördern. Auf seine Weise begleitete Weihbischof Alfons das Engagement des Diözesanrates als dessen geistlicher Assistent. „Dass sie das Leben haben“ sollte auch durch Beratungsdienste gefördert werden, für die sich der Weihbischof einsetzte.
Als Dompropst nahm Weihbischof Alfons seine Verantwortung für das Domkapitel wahr und damit für alles, was unseren Kiliansdom betrifft.
In Treue
All das geschah in tätiger Treue zu Bischof Josef und seit 1979 zu dessen Nachfolger. Jederzeit konnten sich beide Diözesanbischöfe fest auf ihn verlassen. Seine Solidarität war ein Element seiner Treue zu unserem Herrn Jesus Christus. 27 Jahre hat Alfons Kempf das Bischofsamt und die damit verbundenen Aufgaben wahrgenommen. So hat er sich um unsere Diözese verdient gemacht. Sie ist ihm zu bleibendem Dank verpflichtet. Sein Engagement ruft uns alle auf, uns in der heutigen Situation dafür einzusetzen, dass die Menschen das Leben haben und es in Fülle haben. Amen.