Würzburg (POW) Bei einem ökumenischen Nachtgebet am Buß- und Bettag haben sich die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) und die Evangelische Studentengemeinde (ESG) mit dem Motto „Gerechtigkeit“ befasst. Gerechtigkeit gelte hierzulande als selbstverständlicher Wert und sei in der Verfassung und im christlichen Selbstverständnis unserer Gesellschaft verankert. Die politisch soziale Realität spreche jedoch oft eine andere Sprache, sagte Hochschulpfarrer Burkhard Hose in einer Rede zum Thema „Lasst die Gerechtigkeit fließen“.
Am Beispiel von Flüchtlingen und Asylanten zeige sich, welch unterschiedliche Gerechtigkeitsmaßstäbe angelegt würden. Eine Studentin aus der KHG berichtete über die Lebenswirklichkeit der etwa 400 Asylsuchenden in Würzburg, die aus 40 Ländern stammen. Da diese ihre eigene Situation nur sehr begrenzt schildern könnten, gelinge es oft nicht, die Problematik überzeugend darzustellen. Als Konsequenz daraus werde nur ein Prozent von ihnen als Asylanten eingestuft. Oft genug stießen auch die Helfer an ihre Grenzen. „Wir treffen häufig auf Widerstände der Behörden. Wir hören zwar oft von der Notwendigkeit der Integration, doch wenn es um konkrete Maßnahmen geht, scheint das alles nicht mehr zu gelten“, sagte der Hochschulpfarrer.
Hose stellte den Propheten Amos vor, der schon 700 vor Christus in einer Zeit des politischen und wirtschaftlichen Aufschwungs in Israel Ausbeutung und soziale Schieflage erkannte und anprangerte. „Er legte im Namen Gottes seinen Finger auf einen wunden Punkt seines Volkes“, sagte Hose. Er versprach nicht erst ein besseres Leben im Jenseits. Es sei erstaunlich, dass diese Kritik in der Bibel überliefert ist. Sie belege, dass Gott und der Gedanke der Gerechtigkeit zusammengehören: „Es ist nicht selbstverständlich, dass der Basistext einer Religion solch selbstkritische Töne tradiert.“
„Beten alleine reicht nicht, man muss christlich handeln und den Gedanken von Humanität und Gerechtigkeit selbst leben“, sagte Hose. Für jeden einzelnen Christen gelte die Botschaft: „Man muss die Augen offen halten und selbst aktiv werden. Dann hat man auch das Recht, Feste zu feiern, denn dann ist der Glaube echt.“
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