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Achter Zwischenbericht zum Prozess „Erneuern und Sparen“ im Bistum Würzburg

Von Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand, vorgetragen bei der Haushaltspressekonferenz am 29. Januar 2013

Wenn ich die finanzielle Situation des Bistums Würzburg mit einem biblischen Bild kennzeichnen sollte, dann träfe wohl am ehesten die Stelle aus Genesis 41 zu, wo es heißt: „Die sieben Jahre des Überflusses in Ägypten gingen zu Ende und es begannen die sieben Jahre der Hungersnot“ (Gen. 41, 53-54a). Natürlich klingt diese Formulierung übertrieben drastisch und Hungersnot wird in unseren fränkischen Kirchengemeinden auch nicht ausbrechen – aber eines stimmt: Es mehren sich die Anzeichen, dass die fetten Jahre der guten Finanzpolster zu Ende gehen und magere Zeiten anbrechen. Vor allem durch die geburtenschwächeren Jahrgänge, die ins Erwerbsleben kommen, wird sich das Kirchensteueraufkommen schrittweise um bis zu 20 Prozent verringern. Was die Katholikenzahl insgesamt betrifft, sind wir zum Jahreswechsel erstmals unter die Zahl von 800.000 gefallen; es werden pro Jahr um 10.000 weniger. Diese Entwicklung stellt uns vor die simple Frage: Wie lassen sich pastorale Aufgaben und finanzielle Ausgaben sinnvoll aufeinander abstimmen? Welche Kriterien sind dabei wichtig? Die Überlegungen dazu sind noch in keiner Weise abgeschlossen. Ich kann jedoch hier und heute einige Überlegungen vortragen, die auf Beobachtungen gründen, aus denen sich wiederum Zukunftsaufgaben ergeben:

1. Eine erste Aufgabe ließe sich so formulieren: Den Umbruch gestalten!

Veränderungen in der Kirche sind – auch im Blick auf die sinkende Katholikenzahl und knappere finanzielle Mittel – kein Naturgesetz, sondern eine Herausforderung für den Glauben. Es genügt nicht, den Abbruch liebgewordener Traditionen zu beklagen, es geht vielmehr darum, den Umbruch so anzugehen, dass sich Chancen zum Aufbruch ergeben. Denn eine Abbruchsperspektive registriert nur Verluste, ein Aufbruchsdenken konzentriert sich auf das Wesentliche, um daraus neue Perspektiven zu gewinnen. Der damit verbundene Umbruch zeigt sich als tiefgreifende Veränderung der Glaubensgestalt: Auch bei uns gehört die milieugestützte Volkskirche früherer Jahrzehnte, die für alle Lebensbereiche prägend war, der Vergangenheit an. Dabei zeigt sich aber ein Paradox: Obwohl die Zahl der engagierten Katholiken zurückgeht, vermehren sich die Erwartungshaltungen in Gemeinden, Gruppen und bei Einzelnen fast explosionsartig! Ist dem einen eine gesicherte Gottesdienstzeit vor Ort das Wichtigste, kann für andere eine Vielzahl kategorialer Angebote für Bildung und Spiritualität am bedeutsamsten sein. Eine solche Ungleichzeitigkeit führt leicht zur Versuchung, mit allen möglichen Einzelangeboten auf diese unterschiedlichen Erwartungshaltungen einzugehen – doch das bringt fast zwangsläufig eine Überforderung, personell wie finanziell. Damit aus dem Umbruch ein Aufbruch wird, ist es wichtig, nicht bloß Veränderungen vorzunehmen, sondern auf eine Vertiefung hinzuwirken, bei der die Grundfelder des Glaubens im Blick bleiben: Verkündigung, Liturgie und Diakonie. Daher geht es nicht einfach um eine binnenkirchliche Perspektive; die Weltverantwortung der Kirche darf nicht außer Acht bleiben.

Die Frage heißt doch: Wie lässt sich in Zukunft mit weniger Geld ein christliches Leben gestalten, in dem ein „Mehr“ an Glaube, Hoffnung und Liebe zum Tragen kommt?

An dieser Leitlinie muss sich auch das finanzielle Handeln einer Diözese orientieren, sonst hängt es in der Luft und wird zum Spielball aller möglichen Einzel- und Gruppeninteressen.

2. Daraus leitet sich eine weitere Forderung bei der Gestaltung des Umbruchprozesses ab: Auf Inhalte achten!

In den letzten Jahrzehnten war zu beobachten, dass man kirchlicherseits auf fast jedes neue gesellschaftliche Problem mit einem eigenen personalen Angebot reagiert hat: Man entwickelte die verschiedensten Beratungsdienste, eine Vielzahl an geistlichen Begleitungsformen und Bildungsangeboten sowie regionale räumliche Ressourcen in Form von Bildungshäusern. All das war wichtig, aber unsere Angebotsstruktur kommt mir manchmal vor wie ein Anzug, der zu groß geworden ist und folglich nicht mehr passt. Die Alternative ist kein Rückzug ins binnenkirchliche Ghetto; die notwendige Prioritätensetzung bei knapper werdenden Mitteln darf nämlich nicht nur von der Frage ausgehen, was wir finanzieren können, sondern muss zuerst klären, was wir finanzieren wollen!

Welche Inhalte im Leben unserer diözesanen Ortskirche sind uns so wichtig, dass wir sie unbedingt erhalten und ausbauen möchten? Es wird eine konkrete Aufgabe der Prioritätenkommission sein, z. B. bei der Beschäftigung mit den Bildungshäusern das Augenmerk auf die Angebote zu richten und dabei nach Kriterien für das richtige Maß an personeller und materieller Ausstattung zu fragen. Ebenso wird es wichtig sein, im Blick auf die Vielzahl an Beratungsmöglichkeiten und Begleitungsformen zu fragen, wo sich eventuell Parallelstrukturen (auch im Bereich der Caritas) gebildet haben, die ohne qualitativen Substanzverlust in ihrem Umfang beschränkt werden könnten. Das gilt auch für die verdienstvolle Arbeit unserer kirchlichen Verbände, wo sowohl vom pastoralen Ansatz wie von der personellen Ausstattung her im Blick auf die gesunkenen Mitgliederzahlen Konzentrationsprozesse unumgänglich sind, die aber von der inhaltlichen Frage ausgehen müssen: Was wollen wir in den gewandelten Zeiten an Glaubenssubstanz vermitteln?

3. Das führt zu einer dritten Überlegung für die Gestaltung des kirchlichen Lebens in Zeiten des Umbruchs: Synergieeffekte suchen!

Ich möchte hier nur einen Bereich herausgreifen: den Ruf nach Entlastung. Die Klage ist ernstzunehmen, dass bei der Bildung größerer Seelsorgsräume der gestiegene Verwaltungsaufwand das pastorale Handeln der Verantwortlichen zu überlagern droht. Abgesehen davon, dass es eine „chemisch reine“, organisationsfreie Pastoral nie geben wird, macht man es sich manchmal bei der Suche nach Alternativen zu einfach. So wird z.B. immer wieder gefordert, vor Ort auf der Ebene der Pfarreiengemeinschaften zusätzliche Verwaltungsstrukturen zu installieren, die den pastoralen Kräften neue Freiräume schaffen sollen. Ich halte solche Forderungen weder vom pastoralen Aspekt her sinnvoll noch von den finanziellen Möglichkeiten her machbar. Ich halte dagegen viel von der Suche nach Synergieeffekten in der Vernetzung verschiedener Ebenen: So lassen sich effektive Hilfen für die Dekanate und Pfarreiengemeinschaften durchaus zentral vom Bistum her organisieren. Deshalb haben wir z. B. den EDV-Bereich sowie den Internet-Service entsprechend personell verstärkt. Ähnliches gilt für den Baubereich und die Ausstattung der Diözesanbüros. Wichtig ist allerdings, dass solche Hilfen auch bekannt sind, dass sie verlässlich abrufbar und auf die Arbeit mit den Personen vor Ort hin abgestimmt werden. Dieser Umschichtungsprozess hat freilich zur Folge, dass es auch weiterhin keine automatische Neubesetzung jeder frei werdenden Stelle in den einzelnen Ordinariatsabteilungen geben kann. Noch stärker als bisher ist zu prüfen, welche Tätigkeiten in der Bistumsverwaltung für das gewandelte kirchliche Leben wirklich wichtig sind. Dabei gilt weiter die Zusage, dass wir diesen Prozess- was den verfasst-kirchlichen Bereich betrifft - auch weiterhin ohne betriebsbedingte Kündigungen vornehmen wollen.

Eine tragfähige Gestaltung des geschilderten Umbruchs mit seinen differenzierten Auswirkungen ist nur möglich, wenn immer wieder versucht wird, Konsensebenen herzustellen. Was dabei diese notwendigen „Schnittstellen“ zwischen Pastoral und Finanzen betrifft, bin ich sehr froh über die gute Kooperation mit unserem Finanzdirektor Albrecht Siedler, der hohe Fachkompetenz im Finanzbereich mit viel Augenmaß im Blick auf pastorale und personelle Möglichkeiten verbindet. Ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke ich besonders dafür, dass heuer wiederum ein Haushalt ohne Entnahme von Rücklagen eingebracht werden kann. Dass dies möglich ist, geht letztlich auf die Bereitschaft vieler Katholiken im Bistum zurück, durch ihren Kirchensteuerbeitrag solidarisch mitzuhelfen, dass die Diözese auch in gewandelten Zeiten ihre Aufgaben im Dienst an Gott und den Menschen erfüllen kann. Dafür sei Ihnen allen ausdrücklich gedankt.

Gerne nehme ich auch diesmal wieder Rückmeldungen zu diesem Zwischenbericht entgegen.

Würzburg, 29. Januar 2013

Mitglieder der Prioritätenkommission:

Leitung: Dr. Karl Hillenbrand, Generalvikar

Hans-Dieter Arnold, Miltenberg; Norbert Baumann, Schweinfurt; Clemens Bieber, Domkapitular, 1. Vorsitzender des DiCV; Robert Borawski, Pfarrer, Veitshöchheim; Karl-Peter Büttner, Vorsitzender des Diözesanrats; Dr. Helmuth Gabel, Domkapitular, Leiter der HA IV; Ferdinand Kraus, Mellrichstadt; Thomas Lorey, Personalleiter; Joachim Morgenroth, Pfarrvikar, Schweinfurt; Dietrich Seidel, Domkapitular, stv. Generalvikar, Leiter der HA VI; Albrecht Siedler, Finanzdirektor; Christoph Vierheilig, Burkardroth; Christoph Warmuth, Domkapitular, stv. Leiter der HA II; Dorothea Weitz, 1. Vorsitzende der Mitarbeitervertretung