Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Abschied und Aufbruch im Bistum

Auftakt der regionalen Studientage in Aschaffenburg – Bischof Dr. Friedhelm Hofmann: „Die Pfarreiengemeinschaften dürfen kein strukturelles Skelett bleiben“

Aschaffenburg (POW) Die Pfarreiengemeinschaften im Bistum Würzburg sind errichtet, doch damit ist noch nicht die Frage geklärt, wohin es mit der Seelsorge in den neugeschaffenen Einheiten geht. Vier regionale Studientage wollen dazu Impulse geben und zum Austausch anregen. Der erste fand am Samstag, 30. Oktober, im Aschaffenburger Martinushaus statt. Weiter Studientage folgen an den kommenden Samstagen in Würzburg (6. November), Schweinfurt (13. November) und am Volkersberg (20. November).

Das Interesse war groß: Rund 250 haupt- und ehrenamtliche kirchliche Mitarbeiter aus Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie aus dem Landkreis Miltenberg waren ins Martinushaus in Aschaffenburg gekommen. Der Tag begann mit einer Ermutigung durch Bischof Dr. Friedhelm Hofmann. Zunächst bedankte er sich bei den Haupt- und Ehrenamtlichen für ihren geleisteten Dienst in der Seelsorge vor Ort. Dann erinnerte er an die Anfänge der Diözese Würzburg, die stark mit dem heiligen Bischof Burkard als Gründergestalt verbunden ist. Der hatte im Jahr 742 die Aufgabe, ein völlig neues Bistum zu organisieren. Damals gab es 25 Pfarreien, heute sind es 164 Pfarreiengemeinschaften und 14 Einzelpfarreien. Nun brauche es wieder Gründergestalten, die in die Strukturen hinein das Leben der Menschen in den Blick nehmen und Antworten auf die Fragen von heute finden, sagte der Bischof. Wie für den heiligen Burkard die Organisation des Bistums kein Selbstzweck war, so gelte das auch heute: „Die Pfarreiengemeinschaften dürfen kein strukturelles Skelett bleiben“, betonte der Bischof. Er benannte für die pastorale Arbeit der Zukunft drei Schwerpunkte: den Blick auf Ehe und Familie, auf würdige Gottesdienstfeiern und auf die Frage nach der sozial-karitativen Arbeit der Kirche.

Dr. Klaus Roos, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Bildung im Bischöflichen Ordinariat Würzburg, leitete anschließend eine Gesprächsrunde, die einen Blick von außen auf die Situation der Menschen und der Kirche ermöglichen sollte. Auf dem Podium versuchten die Buchhändlerin Annegret Boros, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Aschaffenburg, Dr. Hiltrud Höreth, der Bürgermeister von Niedernberg, Jürgen Reinhard, der Jugendamtsleiter von Miltenberg, Peter Winkler, und der Chefredakteur des Main-Echo, Claus Morhart, dazu Stellung zu nehmen. Deutlich wurde in der Situationsanalyse, wie wichtig für die Menschen von heute Instanzen seien, die für Werte stehen und sich für die Schwachen der Gesellschaft einsetzen. Aus ihrem je eigenen Blickwinkel schilderten die Podiumsteilnehmer, wie ihrer Ansicht nach die Kirche den Menschen dienen könne.

Dabei war zum Beispiel davon die Rede, die Schwelle des Zugangs zur Kirche für die Menschen niedrig zu halten und offen für alle zu bleiben, die Hilfe suchten. Zeichen der Glaubwürdigkeit setzen war eines der Wünsche an die Vertreter aus der Bistumsleitung und den Pfarreiengemeinschaften. Jugendamtsleiter Winkler attestierte der Kirche vorbildliche Leistungen im karitativen Bereich. Chefredakteur Morhart bestätigte der Diözese Würzburg auch einen aus seiner Sicht angemessenen Umgang mit den Missbrauchsskandalen. Klar Stellung beziehen zu Fehlentwicklungen in der Gesellschaft und ein Fördern des Miteinanders auf der Gemeindeebene waren weitere Anliegen, die in dieser Runde an die Kirche herangetragen wurden.

Wie die Seelsorge auf die vielfältigen Herausforderungen reagieren soll, griff der Pastoraltheologen Dr. Bernhard Spielberg von der Universität Würzburg in einem Vortrag auf. Nach seinen Worten ist nicht allein der Priestermangel, sondern vor allem auch der gesellschaftliche Wandel der Grund, warum über neue Wege in der Pastoral nachgedacht werden müsse. „Es gibt ein Auseinanderdriften der Gegenwartskultur und dessen, was wir kirchlich miteinander praktizieren“, sagte Spielberg. Er forderte dazu auf, nicht mit neuem Machtanspruch auf den Machtverlust zu reagieren. Vielmehr müsse man fragen, wo heute die Orte seien, an denen Gott den Menschen begegnen wolle, und dort dann auch präsent sein. Die Seelsorge vor Ort brauche heute das Prinzip „Abschied und Aufbruch“, bei dem man mit Mut alte Seelsorgeformen auslaufen lasse, um Zeit für neue Ansätze zu bekommen. „Die Gründung der Pfarreiengemeinschaften kann nicht die Fortführung der bisherigen Praxis auf einer anderen Ebene bedeuten“, unterstrich der Pastoraltheologe. Und weiter sagte er: „Die hauptamtlichen Seelsorger müssen sich von ihrer Solistenrolle verabschieden.“ Ihre Aufgaben lägen in den größeren strukturellen Einheiten vielmehr darin, Ehrenamtliche zu gewinnen und zu begleiten, damit die dann die eigentliche Seelsorge leisten könnten.

In einem sich dem Vortrag anschließenden Austausch in einer Kleingruppe zeigten viele Fragen der Teilnehmer, dass der Suche nach neuen Konzepten für die Seelsorge oft die Angst im Weg steht, gegen Kirchengesetze und Traditionen zu verstoßen. In der Runde wurde auch bedauert, wie stark in den Gemeinden das seelsorgliche Handeln auf den Priester fixiert sei, was oft zu Überlastung führe und das Engagement von Ehrenamtlichen verhindere. Spielberg versuchte, Mut zum Experiment zu machen und merkte an: „Gerade im Bereich der Delegation von Verantwortlichkeiten ist heute schon viel mehr erlaubt, als ausgeschöpft wird.“

Am Nachmittag konnten in verschiedenen Arbeitsgruppen einzelne Handlungsfelder der Seelsorge näher betrachtet werden. Die Themen reichten von Jugendarbeit über Liturgie bis zur Kooperation mit karitativen Einrichtungen. Auffallend war, dass sich beim Thema „Spirituelle Gemeindeentwicklung und missionarische Seelsorge“ die meisten Teilnehmer einfanden. Das kann sicher als Ausdruck der Sehnsucht gewertet werden, die neuen Strukturen auch inhaltlich zu füllen. Die Gruppen sollten vor allem Anregungen für mögliche Kooperationen auf dem Gebiet der Pfarreiengemeinschaften geben. Dabei wurden auch Beispiele von gelungenen Projekten vorgestellt.

Das Abschlussforum des Studientags versuchte dann, Perspektiven für die Seelsorge der Zukunft noch einmal zu bündeln. Weihbischof Ulrich Boom nannte als Leiter der Hauptabteilung Seelsorge als großes Ziel, die Sehnsüchte der Menschen nach Geborgenheit, Angenommensein, Gemeinschaft und Zukunft aufzugreifen. „Wir müssen die verschiedenen Türen zum Raum des Glaubens wieder sichtbar machen, und die Hintertüren sind dabei manchmal genauso wichtig wie das Hauptportal“, sagte Weihbischof Boom. Domkapitular Clemens Bieber ergänzte aus der Perspektive der Caritas, dass die Verwobenheit der Seelsorge und des sozialen Handelns entscheidend sein werde für die Zukunft der Kirche. Die Außensicht auf die Kirche zeige, dass sie an ihrem karitativen Handeln gemessen werde. Zudem hält er es für wahrscheinlich, dass in manchen kleinen Orten der Kindergarten der letzte konstante kirchliche Ansprechpartner für die Menschen ist.

Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand erinnerte daran, dass der Begriff Ortskirche, wie er im Zweiten Vatikanischen Konzil geprägt worden ist, zumeist auf die Pfarreiebene gedeutet werde, eigentlich jedoch die Diözesanebene meine. Es sei nicht leistbar, dass sich alle möglichen Dienste der Kirche auf der untersten Ebene spiegeln. „Im Sinne einer vernetzten Vielfalt muss nicht überall alles und gleichzeitig geschehen“, sagte der Generalvikar. Außerdem erinnerte er daran, dass bei aller notwendigen binnenkirchlichen Diskussion die Botschaft vom Reich Gottes als eigentliche Aufgabe nicht verloren gehen dürfe. Diese Perspektive hätte auch eine ökumenische Dimension.

Bischof Hofmann betonte zum Abschluss des Studientags noch einmal, dass es in der Seelsorge nicht darum gehen dürfe, Leerhülsen zu dreschen, sondern die wirkliche Sehnsucht nach Gott anzusprechen und aufzugreifen. „Was wir in den Pfarreiengemeinschaften an Seelsorge leisten, muss Qualität haben und dazu müssen wir wagen, von Dingen Abschied zu nehmen, die wir nicht mehr leisten können, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.“

(4410/1370; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet