Würzburg (POW) Die Pfarrei Sankt Elisabeth im Würzburger Stadtteil Zellerau steht vor einer wegweisenden Entscheidung: „Reißen wir unsere Kirche ein, um sie kleiner neu aufzubauen, oder versuchen wir, die Kirche in dieser vorhandenen Größe zu erhalten?“ Pfarrer Werner Vollmuth, Leiter der Pfarreiengemeinschaft Heilig Kreuz und Sankt Elisabeth, stellte diese Frage in der Pfarrversammlung am Sonntagabend, 24. Oktober, und bei einem Pressegespräch am Montag, 25. Oktober, in Sankt Elisabeth. In der ersten Jahreshälfte 2011 soll die definitive Entscheidung über die Zukunft von Sankt Elisabeth fallen. Eine Realisierung des Projekts ist nach Angaben von Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Bau- und Kunstreferent der Diözese Würzburg, frühestens ab 2015 möglich.
Die Pfarrkirche Sankt Elisabeth wurde Mitte der 1950er Jahre erbaut. Damals war die Zellerauer Pfarrei Heilig Kreuz auf 13.500 Katholiken angewachsen, und man sah die seelsorgerische Notwendigkeit, die Gemeinde zu teilen und die neue Pfarrei Sankt Elisabeth mit rund 6000 Katholiken zu errichten. Bischof Dr. Julius Döpfner weihte das Gotteshaus am 3. und 4. September 1955 ein. In den Jahren danach habe man rechtzeitig zur Sonntagsmesse kommen müssen, um einen der rund 500 Sitzplätze zu bekommen, gab Pfarrer Vollmuth Berichte älterer Gemeindemitglieder wieder. Heute kämen zwischen 80 und 120 Katholiken zum Sonntagsgottesdienst, die Zahl der Gemeindemitglieder sei auf unter 2000 zurückgegangen. Das Gotteshaus sei für den heutigen Bedarf zu groß und dringend renovierungsbedürftig. Für die Gemeinde stehe die Frage massiv ins Haus: „Welche Zukunft hat unser Gotteshaus?“
Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltung werden sich in den kommenden Monaten zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden müssen. Eine notwendige Außen- und Innenrenovierung wird nach Angaben von Domkapitular Lenssen und Klaus Zaschka vom Bischöflichen Bauamt Würzburg rund zwei Millionen Euro kosten. Notwendig seien Erneuerungen von Dach und Fassade, Untersuchungen der Statik sowie energetische Maßnahmen. Hinzu kämen laufende Wartungskosten. Die Alternative ist ein Abriss des Gotteshauses mit kleinerem Neubau und Nutzung des restlichen Kirchenareals zur Finanzierung der laufenden Kosten des neuen Gotteshauses. Der Neubau mit bis zu 150 Sitzplätzen würde sich auf rund 900.000 Euro belaufen, der Abriss auf eine Million Euro. Zusammen mit der Erneuerung der Außenanlage würde diese Lösung insgesamt ebenfalls rund zwei Millionen Euro beanspruchen.
Nach Angaben von Pfarrer Vollmuth gab es in der Pfarrversammlung unter den rund 120 Gläubigen unterschiedliche Stimmen. Von der Vernunft her komme eigentlich nur ein kleinerer Neubau in Frage. „Für die Gemeinde ist es wichtig, jetzt zu entscheiden und dann mit den Planungen zu beginnen. Bei der Entscheidung wollen wir die ganze Gemeinde mit ins Boot nehmen“, unterstrich Pfarrgemeinderatsvorsitzender Matthias Dünninger. Seit über zehn Jahren sei man im Gespräch über die Situation des Gotteshauses, vor allem des maroden Dachs. Kirchenpfleger Ansgar Ackva beklagte die hohen Ausgaben der Gemeinde beim Gebäudeunterhalt. „Ein kleinerer Neubau würde uns die Möglichkeit geben, langfristig auf solider finanzieller Basis zu stehen.“
Domkapitular Lenssen stimmten dem Anliegen des Kirchenpflegers zu: Eine Gemeinde müsse künftig so ausgestattet sein, dass sie ihre Gebäude selbst erhalten könne. Die Fakten sprächen deshalb für einen Abriss mit Neubau. Eine kleinere Kirche würde die Gemeinde besser zusammenführen und werde vor allem Familien und Kindern gerecht. Die künstlerische Ausstattung von Sankt Elisabeth würde im Neubau integriert werden. Insgesamt sei ein Abriss mit kleinerem Neubau auf Nachhaltigkeit angelegt.
Mit Blick auf den Umgang mit maroden Kirchengebäuden aus der Nachkriegszeit im gesamten Bistum Würzburg sprach Domkapitular Lenssen vom „Würzburger Sonderweg“: „Wir sind kein Abrissunternehmen! Wir erhalten den Gemeinden ihr Gotteshaus. Wo abgerissen wird, wird entweder eine vorhandene alte Kirche wieder genutzt oder es entsteht ein kleinerer Neubau, der der pastoralen Situation gerecht wird.“ So wird derzeit das Gotteshaus Sankt Immina in Himmelstadt (Landkreis Main-Spessart) abgerissen, da die benachbarte alte Sankt Jakobus-Kirche heute wieder den Ansprüchen der Pfarrei genügt. In Waldfenster (Landkreis Bad Kissingen) steht voraussichtlich 2011 der Abriss mit kleinerem Neubau an, in Waigolshausen (Landkreis Schweinfurt) voraussichtlich 2012. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Auferstehungskirche in Sailauf (Landkreis Aschaffenburg) abgerissen. Dort finden die Gottesdienste wieder in der benachbarten renovierten Sankt Vitus-Kirche statt. Die Pfarrkirche Karlstadt-Zur Heiligen Familie wird langfristig durch einen Neubau ersetzt werden müssen, der den aktuellen Ansprüchen der Pfarrei gerecht wird. Angesichts des Rückgangs der Kirchensteuermittel ist hier nach Angaben Lenssens eine detaillierte zeitliche Angabe derzeit nicht möglich.
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